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Tödliche Polizei-Schüsse in München: War ein Familienstreit der Auslöser?

In der Implerstraße in Sendling kommt es am Montagabend zu einem Polizeieinsatz. Es fallen tödliche Schüsse. Auslöser des Vorfalls soll ein Familienstreit gewesen sein.
von  Nina Job
Polizeieinsatz an der Implerstraße: Hier griff eine Frau die Polizeibeamten an und verstarb kurz darauf.
Polizeieinsatz an der Implerstraße: Hier griff eine Frau die Polizeibeamten an und verstarb kurz darauf. © Nina Job

München – Nach dem tödlichen Schuss oder Schüssen der Polizei auf eine Angreiferin mit Messer in der Implerstraße in München ermittelt das bayerische Landeskriminalamt (LKA). Dabei gehe es darum, zusammen mit der Staatsanwaltschaft die Rechtmäßigkeit des Schusswaffengebrauchs zu prüfen, sagte ein LKA-Sprecher. Das sei in einem Fall wie diesem Standard. Der Supermarkt war am Dienstagmorgen geschlossen und mit einem Polizeisiegel versiegelt. Die Polizei hat unterdessen bestätigt, dass es sich bei der Frau um eine 31-jährige Münchnerin handelt. Diese soll sich vor dem Vorfall mit ihrem Vater gestritten haben. 

Der Supermarkt in der Implerstraße ist am Morgen nach dem Vorfall geschlossen.
Der Supermarkt in der Implerstraße ist am Morgen nach dem Vorfall geschlossen. © privat

Familienstreit soll Auslöser gewesen sein

Update 21.08., 11:30 Uhr: Auslöser für den Messer-Angriff in München soll ein Treffen mit den Eltern in einem Restaurant am Goetheplatz gewesen sein. Laut Berichten der "Bild" sollen Augenzeugen einen Streit zwischen der 31-Jährigen und deren Vater beobachtet haben. Die Tochter sei davon gestürmt und eine Zeugin sei ihr dabei in die U-Bahn gefolgt. Diese habe die Polizei daraufhin zum Supermarkt gelotst.

Polizeigewerkschaft fordert Taser für Streifenwagen

Update 21.08, 10 Uhr: Die Polizeigewerkschaft Bayern erneuert nach dem tödlichen Schusswaffengebrauch in Sendling ihre Forderung nach einem Taser für jede Streifenwagenbesatzung. Die Distanz-Elektro-Impuls-Geräte hätten sich in einem Pilotversuch bewährt als "guter Lückenschluss zwischen Pfefferspray und Dienstwaffe".

Jürgen Köhnlein, Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft: "Es ist an der Zeit, dass Taser nicht nur für SEK-, USK- und geschlossene Einheiten zur Verfügung stehen, sondern in jedem Streifenwagen im Freistaat." Gerade bei Personen, die sich in psychischen Ausnahmesituationen befinden, könne der Taser sowohl zum Schutz der Beamten, als auch der körperlichen Unversehrtheit des Aggressors, dienen.

Polizeigewerkschafter Köhnlein räumt aber ein: "Bei einem Messerangreifer ist die kritische Distanz zwischen Angreifer und Streifenbeamten bei sieben Metern. Bei diesem Abstand hat ein Polizist gerade noch die Zeit, nach hinten auszuweichen und seine Schusswaffe zu ziehen. Um einen Taser effektiv einsetzen zu können, ist ein Abstand von fünf bis zehn Metern notwendig."

Jürgen Köhnlein, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft.
Jürgen Köhnlein, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. © DPolG Bayern

Nur drei Warnschüsse

Update 20.08, 16.30 Uhr: Dass Menschen in Deutschland von Polizisten getötet werden, kommt immer wieder vor – so zum Beispiel erst im Juli in Mittelfranken. Ein 34-Jähriger soll am S-Bahnhof in Lauf an der Pegnitz drei Bundespolizeikräfte mit einem Messer angegriffen haben. Eine Beamtin soll daraufhin geschossen und ihn im Bauch getroffen haben. Der Mann starb an seiner Verletzung. In München hat es nach Angaben des Polizeipräsidiums seit Jahren keinen solchen Fall mehr gegeben, der jüngste, auf den Polizeisprecher Franken in seiner Recherche stieß, stammt aus dem Jahr 2010. Seinen Angaben zufolge gaben Polizisten in der bayerischen Landeshauptstadt 2023 nur drei Warnschüsse ab, auf Menschen wurde im vergangenen Jahr demnach überhaupt nicht geschossen. 

Aufnahmen der Videokameras sollen Klarheit schaffen

Update 20.08, 14.30 Uhr: Was ist über die 31-Jährige bekannt? Die Frau lebte laut Polizei einige Kilometer vom Supermarkt entfernt im Münchner Osten und war polizeibekannt – wegen Betäubungsmittel- und "Aggressionsdelikten". Außerdem wurde sie den Angaben zufolge vor dem Vorfall dreimal polizeilich in einer Psychiatrie untergebracht, weil sie eine Gefahr für sich selbst oder andere dargestellt habe. Ob sie auch bei den Schüssen am Montagabend unter Drogeneinfluss stand, war zunächst unklar. Die Leiche der Frau wurde am Dienstag obduziert. 

Update 20.08, 13.15 Uhr:
Wie der Sprecher des Münchner Polizeipräsidiums, Andreas Franken, mitteilte, waren zwei Streifen mit insgesamt vier männlichen Beamten zum Supermarkt gefahren. Die vier Männer sprachen die Frau an, dann habe diese zu einem Küchenmesser gegriffen, das sie bei sich gehabt habe. Sie habe die Polizisten bedroht, diese hätten daraufhin Pfefferspray eingesetzt und mehrfach gefordert "Messer weg, Messer weg!" Als diese Aufforderungen keine Wirkung gezeigt hätten, hätten zwei der Polizisten daraufhin insgesamt vier Schüsse abgegeben, von denen "mehrere" die Frau trafen. Die Polizei geht davon aus, dass die Distanz zwischen der Angreiferin und den Polizisten sehr gering war, etwa ein bis zwei Meter.  Von den Geschehnissen im Supermarkt gibt es Aufzeichnungen einer Überwachungskamera, die nun von der Polizei ausgewertet werden.

"Es war ein sehr kurzer Zeitraum, es war ein sehr dynamischer Ablauf", sagte Polizeisprecher Franken. Um 18.40 Uhr sei der Anruf der Passantin bei der Polizei eingegangen, um 18.50 Uhr hätten die Beamten den Supermarkt betreten. Supermarktkunden habe die 31-Jährige nicht bedroht. Es gebe "keine Erkenntnisse, dass die Frau dort drinnen jemand anderen angegriffen haben könnte", sagte Franken. Sie habe das "Messer erst nach Ansprache durch die Beamten gezogen." 

Die Polizei und die Kripo am Tatort in der Implerstraße.
Die Polizei und die Kripo am Tatort in der Implerstraße. © Nina Job

 

Schüsse in Supermarkt in München: Frau bedrohte Polizisten mit Messer

Update 20.08, 10.30 Uhr: Als die Beamten die Frau im Verkaufsbereich des Supermarkts ansprachen, zog sie laut Polizeibericht unvermittelt ein Messer und näherte sich den Polizisten bedrohlich auf wenige Meter. Trotz Aufforderungen, das Messer niederzulegen, reagierte die 31-Jährige nicht. Die Beamten setzten zunächst Pfefferspray ein, um die Situation zu entschärfen. Da dies jedoch erfolglos blieb, gaben zwei Polizisten insgesamt vier Schüsse ab. Die Frau wurde mehrfach getroffen und verstarb noch am Tatort, trotz sofort eingeleiteter Erste-Hilfe-Maßnahmen und der Versorgung durch den herbeigerufenen Rettungsdienst. Das Kommissariat 11 des Polizeipräsidiums München übernahm vor Ort die Ermittlungen, unterstützt durch die Spurensicherung und das Institut für Rechtsmedizin.

Eine Obduktion der Getöteten soll im Laufe des Tages stattfinden. Mehrere Zeugen wurden bereits vernommen, Videoaufzeichnungen konnten gesichert werden. Das Bayerische Landeskriminalamt hat nun unter der Leitung der Staatsanwaltschaft München I ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet, um die Rechtmäßigkeit des Schusswaffengebrauchs zu prüfen, wie es in solchen Fällen üblich ist.
 
Stand 19.08, 22.13 Uhr: Die Implerstraße im Bereich der U-Bahnhaltestelle Ecke Alramstraße ist mit rotweißem Flatterband abgesperrt. Beamte der Spurensicherung in weißen Anzügen kommen aus dem Penny-Supermarkt und gehen hinein, davor sichern etwa 30 Polizisten in Uniform den Tatort. In dem Supermarkt liegt eine etwa 30 Jahre alte tote Frau. Sie wurde am Montagabend von der Polizei erschossen.

Wie Polizeisprecher Andreas Franken sagte, hatte die Frau zuvor ein Messer gezogen.

Im einem Supermarkt in München ist am Abend eine Frau von der Polizei erschossen worden, nachdem sie die Einsatzkräfte mit dem Messer attackiert haben soll.
Im einem Supermarkt in München ist am Abend eine Frau von der Polizei erschossen worden, nachdem sie die Einsatzkräfte mit dem Messer attackiert haben soll. © MünchenTV/TNN/dpa

Frau von Polizeibeamten nach Angriff erschossen: Das ist passiert

Laut Franken war bei der Leitstelle gegen 18.40 Uhr die Mitteilung einer Frau eingegangen, demnach sei es am Goetheplatz ein Körperverletzungsdelikt gekommen, sie würde die Täterin verfolgen. Beide Frauen stiegen daraufhin offenbar in die U-Bahn. Und an der Implerstraße wieder aus, die Verfolgte flüchtete in den Supermarkt direkt am U-Bahnaufgang. In dem Penny waren zu diesem Zeitpunkt noch mehrere Kunden und Personal. 

Etwa zehn Minuten nach dem Anruf betraten zunächst vier Polizisten den Supermarkt. Dort kam es wenig später zu dem polizeilichen Schusswaffengebrauch, nachdem die Frau offenbar ein Messer gezogen hatte und die Beamten damit bedroht haben soll. Laut Polizeisprecher Franken hatten die Beamten auch Pfefferspray eingesetzt. „Wie viele geschossen haben und wie oft, ist noch Gegenstand der Ermittlungen“, sagte er am Montagabend.

Reanimationsversuche blieben erfolglos

Trotz Erster Hilfe und Reanimationsversuchen sei die Frau noch im Supermarkt ihren Verletzungen erlegen. Anhand von einer Krankenversicherungskarte konnte die Tote schnell identifiziert werden. Laut Franken sei sie polizeilich bekannt. Wegen was für Delikten, dazu wollte er sich zunächst nicht äußern.

Der Polizeieinsatz legte auch den Verkehr lahm. Seit ca. 21.50 Uhr sind die Sperrung des U-Bahn- Aufgangs und die Straße wieder freigegeben.

Abtransport der Leiche: Eine Obduktion der Frau wird am Dienstag durchgeführt.
Abtransport der Leiche: Eine Obduktion der Frau wird am Dienstag durchgeführt. © Nina Job
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