Tödliche Messerstiche: Es war Notwehr
MÜNCHEN - Das Opfer ist gleichzeitig der Haupttäter: So der aktuelle Ermittlungsstand zu den tödlichen Messerstichen vor einer Eisdiele in der Blumenau. „Er war einer der Hauptaggressoren“, so Staatsanwalt Wolfgang Beckstein über den 24-jährigen Türken Efkan K., der am Sonntag bei einer Massenschlägerei starb.
Als Opfer hatten sich K. und seine Spezln offenbar einen serbischen Einzelhandelskaufmann ausgesucht. Warum, das will die Polizei derzeit aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen. Der 26-Jährige stand mit seinen zwei Spezln an der Eisdiele, als das Trio von etwa zehn bis 20 jungen Leuten angegriffen wurde. Es hagelte Schläge mit allen möglichen Angriffswerkzeugen einschließlich Messern.
Zuletzt war nur noch der Serbe von Angreifern umringt. „Er lag auf dem Boden, wurde mit Schuhen und sonstigen Gegenständen malträtiert“, so Staatsanwalt Beckstein. „Er wußte sich nicht mehr zu helfen“ – und stach auf die Angreifer ein. Efkan K. erlitt einen Stich in die Brust und starb kurz darauf in einer Klinik.
Der 26-Jährige trug Schnittverletzungen davon, zwei der Angreifer, ein 17 und ein ebenfalls 24 Jahre alter Türke, wurden ebenfalls verletzt und kamen zunächst in ein Krankenhaus. Ein 28-jähriger Landsmann musste nur ambulant behandelt werden.
"Der Messerstecher hat in Notwehr gehandelt"
„Die Angreifergruppe ist schuld daran, dass ihr Freund ums Leben gekommen ist“, so Beckstein. Und auch für Markus Kraus, den Chef der Münchner Mordkommission, ist die Sache nach umfangreichen Zeugenbefraungen ziemlich klar: „Der Messerstecher hat offenbar in Notwehr gehandelt, er wurde inzwischen auf freien Fuß gesetzt." Gegen die drei verletzten Türken und einen Spezl erging Haftbefehl wegen gefährlicher Körperverletzung und Beteiligung an einer Schlägerei.
Großen Wert legen Polizei und Staatsanwaltschaft darauf, die blutige Auseinandersetzung nicht als „Krieg“ rivalisierender Banden darzustellen. „20 gegen einen – das hat mit Bandenkrieg nichts zu tun“, so Wolfgang Beckstein. Und Polizeisprecher Wolfgang Wenger ergänzt: „Es gibt dort keine Banden.“ Trotzdem ist die Stimmung in der Blumenau aufgeheizt, machen schon Gerüchte von Racheplänen die Runde. Deswegen ist die Polizei präsent, sind auch Streetworker im Einsatz. Auch wenn die Beamten gestern nicht ins Detail gehen wollten, um ihre Arbeit nicht zu gefährden: Der 26-jährige Serbe wird geschützt. Und der Staatsanwalt kündigte einen harten Kurs gegen alle an, die sich mit Rachegedanken tragen: „Da werden wir hart durchgreifen“ – bis hin zum Haftbefehl.
Rudolf Huber