Todespfleger von Ottobrunn: Mord, weil es ihm nicht schmeckte?

Neue grausame Details zum Todespfleger von Ottobrunn: Der 36-Jährige verabreichte Patienten die Todesspritze, wenn er weg wollte - und dafür gab es offenbar viele Auslöser.
Nina Job |
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Grzegorz W. steht im Verdacht, mehrere Morde begangen zu haben. Wer kann Aussagen zu Arbeit und Wirken des Mannes in Deutschland machen?
ho/dpa/AZ Grzegorz W. steht im Verdacht, mehrere Morde begangen zu haben. Wer kann Aussagen zu Arbeit und Wirken des Mannes in Deutschland machen?

München - Was bringt einen Krankenpfleger dazu, gebrechliche, pflegebedürftige Senioren zu töten? Bei der polnischen Pflegehilfskraft Stanislaw W. war es offenbar eine Mischung aus Habgier, Überlastung und Umständen, die ihm nicht passten.

Mal fand der heute 36-Jährige das Essen schlecht, das er an seiner Arbeitsstelle als Rund-um-die-Uhr-Pfleger bekam, mal störten ihn Angehörige, die öfter nach dem Rechten schauten und ihn daran hinderten, in Ruhe alles nach Diebesgut zu durchsuchen. Dann wieder wollte er einfach nur schnell wieder weg, weil er kein WLAN hatte. "Er fragte sich dann: Wie komme ich aus der Nummer wieder raus?", erläuterte Oberstaatsanwältin Anne Leiding am Dienstag das unfassbare Vorgehen des Pflegers.

Mord als schrecklicher Ausweg aus dem Job

Die Lösung sah der Hilfspfleger darin, dass er seinen Patienten Insulin spritzte, obwohl sie keine Diabetiker waren. Mussten sie anschließend ins Krankenhaus oder starben sie an den Folgen, konnte Stanislaw W. sich einen neuen Job suchen. "Wäre er von sich aus gegangen, hätten teilweise Vertragsstrafen gedroht", erklärt Kriminaloberrat Josef Wimmer.

Seit Februar ermittelt die Mordkommission gegen den 36-Jährigen aus Polen. Anfangs gingen die Ermittler von einem Mord aus: In Ottobrunn war einer seiner Patienten, ein 87-jähriger früherer Handelsvertreter, mit einer Insulinspritze getötet worden.

Sechs Morde sollen auf sein Konto gehen

Dieses Verbrechen war offenbar nur die Spitze des Eisbergs. Am Dienstag berichteten die Ermittler über ihre neuesten Erkenntnisse zu dem "Todespfleger". Mittlerweile gehen sie von sechs Morden aus. Den ersten beging W. drei Monate, nachdem er für sich selbst die erste Insulinspritze verschrieben bekommen hatte. Das Opfer war ein 77-Jähriger aus dem Landkreis Dithmarschen. Am 6. Juli spritzte er einen ebenfalls 77-Jährigen bei Erlangen zu Tode, nur zwei Wochen später tötete er einen 88-Jährigen bei Tuttlingen. Wiederum nur drei Tage später ermordete W. einen 66-Jährigen in Hannover. Das fünfte Mordopfer war ein 84-Jähriger aus der Nähe von Kitzingen am 17. Januar dieses Jahres.

Dazwischen und danach schweben sechs weitere Senioren in Lebensgefahr. Hier ermittelt die Mordkommission jeweils in drei Fällen wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung.

Lückenloses Bewegungsprofil des Todespflegers

Stanislaw Wolsztajn hat alle Taten eingeräumt. "Er sagt, es sei nicht sein Ziel gewesen, zu töten", so Josef Wimmer. Ohne die Öffentlichkeitsfahndung nach dem Mord in Ottobrunn – so der Mordermittler – hätten die meisten Taten nicht geklärt werden können. Inzwischen verfügt die Polizei über ein fast lückenloses Bewegungsprofil des Mannes. 68 Örtlichkeiten konnten ermittelt werden, wo der Pfleger beschäftigt war. An über 20 Arbeitsstellen beklaute er seine Patienten.

Stanislaw W. war schon früher straffällig geworden. Am 7. Mai 2014 wurde er in Polen aus dem Gefängnis entlassen, wo er wegen verschiedener Vermögensdelikte einsaß. Danach machte er einen dreimonatigen Fortbildungskurs bei einem privaten Anbieter, um sich als Pflegehilfskraft ausbilden zu lassen. Zunächst bekam er Aufträge aus der Slowakei und Polen, dann arbeitete in Deutschland.

Vorstrafe kein Ausschlusskriterium bei Ausbildung

Dass sich Vorbestrafte in Pflegeberufen ausbilden lassen, ist offenbar auch in Deutschland möglich. "Es gibt keine bundesweit einheitliche Regelung", sagte eine Sprecherin vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe am Dienstag zur AZ. "Nicht jede Schule verlang ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis. Und auch bei den Arbeitgebern wird das unterschiedlich gehandhabt."

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