Tod bei der Tagesmutter
MÜNCHEN - Baby Christopher stirbt, weil er von seiner Tagesmutter heftig geschüttelt wurde. Die 34-Jährige sitzt in U-Haft. Gegen sie wird wegen Körperverletzung mit Todesfolge ermittelt. Christophers Eltern hatten keinen Krippenplatz gefunden und bekamen deshalb die Tagesmutter über das Jugendamt vermittelt.
Wenn Christopher quengelig war, sang Natalie Karl leise ein Lied und ihr „kleines Engelchen“ schlummerte friedlich ein. Die Tagesmutter, die sich um das 13 Monate alte Baby gelegentlich kümmerte, hatte dazu keine Zeit. Weil der Bub weinte, schüttelte sie ihn derart heftig, dass er an einer Hirnblutung starb. Ausgerechnet das Jugendamt hatte sie der Harlachinger Familie vermittelt.
„Christopher war unser Sonnenschein“, erzählt Josef Karl unter Tränen. „Nie hätten wir ihn in die Obhut dieser Frau gegeben, wenn sie uns nicht vom Jugendamt empfohlen worden wäre.“ Monatelang hatten der Grafiker und seine Frau, eine Dolmetscherin, nach einem Platz für ihren Sohn in einem Kinderhort gesucht. Elf Mal bewarben sie sich. „Ich hab’ mir extra frei genommen und mich persönlich vorgestellt“, erzählt Josef Karl, „immer kamen Absagen“.
Selbst beim Sekretär des Münchner Erzbischofs Reinhard Marx sprach der Vater vor. Doch auch dieser vertröstete ihn. „Was nützen die Sonntagsreden der Politiker , wenn keine Taten folgen“, klagt Josef Karl. „Die Regierung zahlt Familien monatlich zehn Euro mehr Kindergeld, statt endlich ausreichend Betreuungsplätze zu schaffen.“
Freunde oder Verwandte konnten der Familie ebenfalls nicht helfen. Christophs Großeltern leben in der Oberpfalz. Sein Onkel arbeitet in China. Um so glücklicher war die Familie, als das Jugendamt eine Tagesmutter vermittelte.
Die 34-Jährige ist in Kinderbetreuung ausgebildet, hat verschiedene Kurse absolviert. Seit Dezember 2005 arbeitete sie für die Tagesmutterbörse: Drei Kleinkinder betreute die Frau, zusätzlich zu ihren beiden eigenen. Alles schien in bester Ordnung.
Bis zum 25. September: Christopher war quengelig. Schweren Herzens ließ Natalie Karl ihr Baby bei der Tagesmutter. Am Nachmittag meldet sie sich per Handy: „Christopher geht es nicht gut.“ Als Natalie Karl in Untergiesing eintraf, war der Kindernotarzt bereits da. Christopher hatte eine massive Hirnblutung, wie die Ärzte im Krankenhaus feststellten. Zwei Tage später war der Kleine tot.
Die Polizei wurde eingeschaltet. Die Tagesmutter sitzt wegen Körperverletzung mit Todesfolge in U-Haft und wird von Psychologen betreut. Sie hat gestanden, Christopher geschüttelt zu haben, weil sich der Bub nicht beruhigen ließ, bestätigte ein Polizeisprecher.
Erst im Juli war ein Unternehmensberater aus Schwabing vom Landgericht zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden: der 48-Jährige hatte sein Baby tot geschüttelt.
rah
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