Was Tigermücken in Bayern anrichten können: "Sie ist auf jeden Fall schwarz, dunkelschwarz"

München - Im April hatten wir ein paar richtig warme Tage, der viele Regen lieferte den idealen Grundstock für zahlreiche neue Brutstätten, und schon sind wir den Stechmücken in diesem Jahr bereits einen Tick früher als sonst ausgeliefert. "Normalerweise geht's so ab Mitte Mai los, jetzt sind die Stechmücken rund vier Wochen eher dran als gewöhnlich", bestätigt Diplom-Biologin Silke Göttler im Gespräch mit der AZ.
Expertin über die Asiatische Tigermücke: "Müssen uns darauf einstellen, dass sie in Deutschland zum Alltag gehört"
Die Wissenschaftlerin arbeitet seit knapp zwölf Jahren für die Biogents AG in Regensburg. Das Unternehmen entwickelt und produziert Fallen für Stechmücken und forscht in Sachen Mückenabwehrmittel und ähnlichen Produkten. Die Expertin warnt ausdrücklich vor der Asiatischen Tigermücke, die sich in Bayern weiter ausbreitet: "Wir müssen uns darauf einstellen, dass sie uns zukünftig noch mehr beschäftigen wird, dass sie in Deutschland zum Alltag gehört. Ein unangenehmer Lästling – sehr klein, tagaktiv und aggressiv."
Stechmücken: Stadt München setzt erneut auf ihr eigenes Monitoring
Silke Göttler verweist bei ihren Beobachtungen gerne auf das Beispiel Frankreich: Dort sei man uns ein paar Jahre voraus, es sei mit einer kleinen Population im Süden losgegangen, und nun sei die Asiatische Tigermücke flächendeckend verbreitet: "In den nächsten Jahren werden wir hier sicher ähnliche Verhältnisse haben."
Erst Ende April hatte das Landratsamt München eine entsprechende Warnung formuliert. Denn das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) bestätigte zwei Tigermückenfunde in der Gemeinde Oberhaching. Wie das Landratsamt mitteilte, können durch Tigermücken grundsätzlich verschiedene reiseassoziierte Erkrankungen übertragen werden – wie das Chikungunya-Fieber, Dengue-Fieber, Zika-Fieber und das West-Nil-Fieber.
Übertragung des Dengue-Virus: "Die Gefahr ist nicht riesig, aber sie ist definitiv gegeben"
Die Stadt München setzt auch in diesem Jahr auf ihr eigenes Monitoring: Sie lässt an Kleingartenanlagen, Friedhöfen oder Verkehrsknotenpunkten Fallen aufstellen und diese bis in den Herbst hinein regelmäßig auswerten. Ziel sei es, die Tigermücke gezielt zu bekämpfen, um die weitere Ausbreitung zu verlangsamen.

"Die Gefahr ist nicht riesig, aber sie ist definitiv gegeben", verweist Silke Göttler auf das Risiko Dengue-Fieber: "Ein prägnantes Beispiel ist für mich in diesem Zusammenhang der Gardasee, wo es im letzten Jahr einen Dengue-Ausbruch gab." Im Sommer 2023 war in der Lombardei, darunter in Gemeinden am Gardasee, erstmals das Dengue-Fieber ausgebrochen. Dabei infizierten sich die betroffenen Personen nicht auf einer Fernreise, sondern hatten den Erreger "lokal erworben", wie es das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) in seinem Bericht dokumentierte.
Expertin Göttler: "Die Tigermücke kann auch in einem Teelicht brüten"
Die Patienten infizierten sich also in Italien mit dem tropischen Virus; auch in Spanien und Frankreich traten erstmals lokale Übertragungen des Dengue-Virus auf.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt davor, dass sich das Dengue-Virus auch in Europa weiter ausbreiten könnte. Stechmücken, die das Dengue-Virus übertragen können, kommen normalerweise nur in tropischen und subtropischen Regionen (Asien, Südamerika, Afrika) vor, so langsam wird es jedoch in unseren Gefilden warm genug für die Gelbfiebermücke oder eben die Asiatische Tigermücke.
"Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Ausbruch von Dengue-Fieber bei uns kommt, ist genauso groß wie am Gardasee", sagt Silke Göttler. Tigermücken gehören zu den sogenannten Container-Brütern und legen ihre Eier in Kleingewässern ab. Der Flugradius der Tigermücke ist mit etwa 200 Metern sehr gering. Das ist für Bekämpfungs- bzw. Vermeidungsstrategien von Vorteil.
Immer mehr Stechmücken in Deutschland: Das können wir tun
Grundsätzlich kann jeder dabei helfen, die Ausbreitung der Insekten zu verhindern. Silke Göttler empfiehlt, Wasseransammlungen zu vermeiden, indem man zum Beispiel Blumenuntersetzer, Vogeltränken oder Grabvasen wöchentlich leert und verstopfte Regenrinnen reinigt. "Regentonnen kann man mit einem Netz oder einem Deckel mückensicher abdichten. Unbenutzte Behälter sollte man entfernen oder eben umdrehen. Und sie regelmäßig reinigen, um so mögliche Stechmückeneier loszuwerden."
Wer die Regentonne nicht abdecken wolle, könne auch auf das Bakterium "Bacillus thuringiensis serovar Israelensis" (kurz BTI) zurückgreifen und es in Tablettenform für die biologische Schädlingsbekämpfung ins Wasser geben. So werden die Larven abgetötet. Göttler: "Wenn man an die Tigermücke denkt, muss man selbst die kleinsten Gefäße im Blick behalten – sie kann auch in einem Teelicht brüten."
Grundsätzlich rät die Diplom-Biologin, bei der Bekämpfung der Insekten mit Fallen zu arbeiten, die keine Nützlinge wie Schmetterlinge, Bienen oder Marienkäfer schädigen und in denen keine Giftstoffe verwendet werden. Wer sich draußen aufhalte, sollte lange, helle Kleidung tragen und flächendeckend Mückenschutzmittel wie Autan oder Antibrumm auftragen. Was den Effekt durch das vermehrte Anpflanzen von Geranien angeht, ist die Expertin skeptisch.
Wie erkenne ich als Laie die Asiatische Tigermücke?
Bei all dem Getier, das da draußen rumflattert, stellt sich natürlich die Frage, wie ich sicher sein kann, dass sich da eine Asiatische Tigermücke an mich ranmacht. "Sie ist klein und auf jeden Fall schwarz, dunkelschwarz. Sie hat weiß leuchtende Streifen, und oben eine weiße Linie", sagt Silke Göttler. Die weiße Linie unterscheide sie auch von der weniger gefährlichen Asiatischen Buschmücke, die ihr grundsätzlich ähnle. "Die heimischen Arten Hausmücke und die Ringelmücke sind groß und braun."
Asiatische Tigermücke: Kleine Brandherde können jederzeit entstehen
Was uns in Deutschland respektive in Bayern mit den Tigermücken noch erwartet, zeigt die Entwicklung im fränkischen Fürth. "Dort gibt es seit knapp fünf Jahren eine etablierte Tigermücken-Population. Diese war bei ihrer Entdeckung schon so groß, dass die anschließende Bekämpfung sehr schwierig wurde. Man hat eigentlich nur dann eine Chance, die Tigermücke loszuwerden, wenn nur einzelne Exemplare da sind", sagt Silke Göttler.

Sie erinnert zudem an das "auch von unserer Hausmücke" übertragene West-Nil-Virus. "Da muss man jetzt keine Panik machen, aber dieses Risiko wird oft vergessen bei uns. Und das Virus wird in Zukunft verstärkt in Deutschland auftreten." Zum West-Nil-Virus forscht das Friedrich-Loeffler-Institut (Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit), die Mücken kämen demnach inzwischen in Berlin und in weiten Teilen Ostdeutschlands vor. Das Virus könne eine Gehirnentzündung auslösen, Studien zeigten demnach, dass schwere Verläufe zu bleibenden Behinderungen führen können.
Wer auffällige Stechmücken entdeckt, kann diese Exemplare an das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (Landesinstitut für Tiergesundheit II Sachbereich TG 6.3, Veterinärstraße 2, 85764 Oberschleißheim) senden. Wichtig ist, dass die Stechmücken möglichst im Ganzen versendet und nicht zerquetscht werden. Geeignetes Verpackungsmaterial sind zum Beispiel eine Streichholzschachtel oder ein Plastikröhrchen. Die Stechmücken sollten trocken gelagert und versendet, also nicht in Flüssigkeiten wie Alkohol eingelegt werden.