Tierpsychologin: "Jeder Hund hat einen Jagdtrieb"

Nach den tödlichen Attacken auf Rehe im Nymphenburger Schlosspark spricht eine Expertin über (un)kontrollierbare Instinkte – und über die Leinenpflicht.
von  Nina Job
Nathalie Örlecke ist Hundetrainerin und betreibt eine Hundeschule. Sie sagt: "Jeder Hund hat einen Jagdtrieb".
Nathalie Örlecke ist Hundetrainerin und betreibt eine Hundeschule. Sie sagt: "Jeder Hund hat einen Jagdtrieb". © privat

München - AZ-Interview mit Nathalie Örlecke. Die Hundetrainerin und Tierpsychologin betreibt die Hundeschule 089dogs.

AZ: Frau Örlecke, kann man einem Hund den Jagdtrieb abgewöhnen?
NATHALIE ÖRLECKE: Alle Hunde haben einen Jagdtrieb. Fast jeder rennt mal einem Vogel oder einem Eichhörnchen hinterher. Aber der Jagdtrieb ist bei Hunden unterschiedlich ausgeprägt, das hängt auch oft mit der Rasse zusammen.

Kann man ihn abtrainieren?
Ein Hund kann so trainiert werden, dass sein Jagdtrieb in einem kontrollierbaren Rahmen bleibt. Aber das ist viel Arbeit und bedeutet tägliches Training. Ganz wichtig ist, dass er die Befehle "Stopp", "Sitz", "Hier", und "Raus da" beherrscht. Und dass der Hund lernt, dass er bestimmte Grenzen nicht übertritt, also etwa in den Wald hineinläuft.

Wenn mein Hund das beherrscht, kann ich sicher sein, dass er nicht jagt?
Ein Restrisiko wird trotzdem immer bleiben.

Das heißt, dass ich ihn nicht laufen lassen darf, wenn Wildtiere in der Nähe sein können. Ist ein Maulkorb eine Lösung?
Nein. Mit Maulkorb kann er immer noch andere Tiere hetzen. Auch das ist schlimm. Gejagte Tiere können auch am Schock sterben. Und grundsätzlich gilt: Ein Hund, der nicht zu 80 bis 90 Prozent hört, gehört auch nicht frei laufen gelassen.

Vielerorts gilt Leinenpflicht in München. Da bleibt nicht mehr viel, wo ein Hund rennen darf. Ist das dann noch artgerecht?
Ein Hund muss nicht jeden Tag zwei bis vier Stunden frei laufen können. Damit er sich richtig auspowert, kann er auch neben dem Rad herlaufen oder mitjoggen. Oder man fährt ein bis zwei Mal in der Woche irgendwo hin, wo er mit anderen Hunden spielen und rennen kann. Mindestens so wichtig wie das Auspowern ist, dass Hunde beschäftigt sind. Kopfarbeit und Erziehung lasten ihn aus. Den Hund laufen lassen und nebenbei mit dem Handy telefonieren, das reicht nicht.

Wo dürfen Hunde in München noch frei herumrennen?
Es gibt eine Hundemeile in Neubiberg und eine Auslauf-strecke in der Fröttmaninger Heide, für die man den Hundeführerschein ablegen muss. Auch im Allacher Forst dürfen Hunde rennen. Viele gehen auch in den nördlichen Teil des Englischen Gartens. Das wird so weit geduldet, solange nichts passiert. Dort weiden aber auch immer wieder Schafe, da ist höchste Vorsicht geboten.

Lesen Sie hier: Nymphenburger Schlosspark: Hund beißt Reh in die Kehle

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