Tiere aus dem Heim: Wunsch und Wirklichkeit
München - Hier auf az-muenchen.de wird seit Tagen über das Münchner Tierheim diskutiert – dort steht vor allem die Vermittlungspraxis im Focus. „Ich bin sicher, dass wir und viele befreundete Hundebesitzer aus dem TH gar keinen Hund bekommen hätten. Der ideale Adoptant hat keinen Job, 5000 € Nettoverdienst, keine Kinder und ein Haus mit Garten“, schreibt eine Userin und erhält viel Zustimmung. Eine andere erwidert, sie habe nur positive Erfahrungen gemacht – auch sie erhält Applaus.
Wer darf ein Tier adoptieren? Welche Hürden gibt es? Werden tatsächlich Interessenten abgelehnt? Die AZ klärt die wichtigsten Fragen.
Wie viele Tiere vermittelt das Münchner Tierheim pro Jahr?
Bis zu 8500 Hunde, Katzen, Kleintiere und Vögel pro Jahr.
Welche Formalitäten sind zu erledigen?
Der neue Besitzer muss einen Übernahme-Vertrag unterzeichnen, eine je nach Tierart unterschiedliche hohe Schutzgebühr entrichten und eine Selbstauskunft ausfüllen. Die Angaben werden später überprüft: Die Inspektoren des Tierschutzvereins schauen zuhause vorbei.
Warum muss man etwas bezahlen?
Weil alle Tierheim-Tiere untersucht, gechippt, entwurmt und – ab einem gewissen Alter – kastriert werden. Außerdem beteiligen sich die neuen Besitzer so an der Unterbringung.
Was kostet ein Tierheim-Tier?
Für ein Meerschweinchen-Weibchen muss man 17 Euro, für ein kastriertes Männchen 28 Euro bezahlen. Katzen-Welpen kosten 55, kastrierte Kater 65, Kätzinnen 90 und Hunde mindestens 175 Euro.
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Muss ein Einkommensnachweis erbracht werden?
Nein. Aber der neue Besitzer muss unterschreiben, dass er in der Lage ist, für das Tier aufzukommen.
Warum wird bei Hunden eine schriftliche Genehmigung des Vermieters verlangt?
„Es kommt vor, dass Leute ein Tier adoptieren, vorher aber nicht mit dem Wohnungsbesitzer gesprochen haben“, erzählt Nadine Meixner von der Vermittlungsstelle. Legt der Vermieter ein Veto ein, entscheiden sich die meisten für ihre Wohnung – und gegen den Vierbeiner. „Wir wollen aber nicht, dass der Hund erneut sein Zuhause verliert.“
Weshalb wird in der Selbstauskunft nach Kindern gefragt?
„Weil es bei uns Tiere gibt, die schlechte Erfahrungen mit Kindern gemacht haben.“ Viele reagieren ängstlich, wenn sie erneut mit Kindern zusammengebracht werden. Das soll ihnen erspart werden.
Warum müssen Interessenten angeben, welche Tiere sie schon Zuhause haben?
„Ganz einfach“, sagt Nadine Meixner. „Wenn jemand einen Jagdhund möchte, durch dessen Wohnzimmer bereits zehn Meerschweinchen und fünf Katzen wuseln, geht das einfach nicht. Da wäre ein Hund mit weniger Jagdtrieb viel besser.“ Auch eine Katze, die gebissen wurde und deshalb panische Angst vor Hunden hat, würde nicht in einen Hunde-Haushalt abgegeben werden.
Müssen die Tierfreunde dann mit leerer Transportbox heimfahren?
Nein. „Wir verweisen in der Regel auf ein anderes Tier, das besser zu den Lebensverhältnissen des Interessenten passt“, sagt Nadine Meixner. Das Problem: „Leider haben sich die Leute oft auf ein ganz spezielles Tier eingeschossen und wollen nichts von einer Alternative wissen.“
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Spielt das Alter der Interessenten eine Rolle?
Eigentlich nicht. „Aber bei älteren Menschen achten wir schon darauf, dass sie jemanden angeben können, der sich um das Tier kümmert, falls sie ins Krankenhaus oder in die Reha müssen.“ Wichtig: Die benannte Person muss zustimmen.
Ist ein Garten Pflicht?
„Absolut nicht“, sagt Nadine Meixner. „Aber ein Appartement im zehnten Stock ist einfach nichts für einen Kangal oder eine Dogge. Da würden wir diese Hunde nicht hinvermitteln.“ Dasselbe gilt für Freigängerkatzen, wenn jemand zum Beispiel an einer stark befahrenen Straße wohnt. Wunsch und Wirklichkeit müssen zusammenpassen. „Nur weil der ein Mensch mit einer Dogge im zehnten Stock am glücklichsten wäre, können wir ihm das noch lange nicht erfüllen“, sagt Nadine Meixner. „Wir sind der Tierschutz-Verein und versuchen, die Tiere glücklich zu machen.“
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