Tickets in München Mangelware: Freibad-Frust bei 30 Grad

Münchens Bäder sind nicht voll, aber trotzdem ausgebucht. Das Reservierungssystem ärgert zudem viele Schwimmer. Nun wollen die Stadtwerke gegensteuern.
von  Sophie Anfang
Im Schyrenbad ziehen Schwimmer ihre Runden. Richtig voll ist es nicht, denn es dürfen nur wenige Badegäste gleichzeitig eingelassen werden.
Im Schyrenbad ziehen Schwimmer ihre Runden. Richtig voll ist es nicht, denn es dürfen nur wenige Badegäste gleichzeitig eingelassen werden. © Daniel von Loeper

In München flirrt die Hitze, mehr als 30 Grad. Die ganze Woche noch wird den Städtern der Schweiß auf der Stirn stehen. Derweil kochen in der Stadt viele Gemüter hoch - denn unkomplizierte Abkühlung gibt es in Zeiten von Corona nicht. Zumindest nicht in den Städtischen Bädern. Denn die sind in dieser Hitze-Woche ständig ausgebucht.

Karten müssen vorab im Internet reserviert werden

15.300 Badegäste dürfen die Stadtwerke München wegen der Corona-Beschränkungen nur täglich in ihre sieben Sommerbäder lassen. Vor der Pandemie kamen bis zu 30.000 Gäste an heißen Tagen, um zu schwimmen und auf den Liegewiesen zu liegen.

Wer baden will, muss vorab im Internet auf der Webseite der Stadtwerke reservieren. Dann bekommt man einen Code aufs Handy, der für den Ticketkauf Voraussetzung ist. Das geht bis zu drei Tage im Voraus. Wenn etwas frei ist. Denn in den vergangenen heißen Tagen stießen viele Münchner nur auf eine Reihe roter Balken - ausgebucht.

Anstehen fürs Schwimmen. In Coronazeiten ist Baden nicht einfach.
Anstehen fürs Schwimmen. In Coronazeiten ist Baden nicht einfach. © Daniel von Loeper

Jeweils um Mitternacht haben die Stadtwerke bislang die neuen Kontingente für Karten freigeschaltet. "Wecker stellen für Schwimmbadkarten" spottet da ein AZ-Abonnent. In der Tat berichten mehrere Leser von Reservierungsfrust. Die Server seien um Mitternacht oft überlastet, in der Früh wiederum gebe es dann gar keine freien Plätze mehr. Manche kaufen Schwimmbadtickets um vier Uhr nachts. Auch keine Lösung für die Allgemeinheit.

Viele stellen auch die Frage: Was sollen Menschen tun, die nicht so fit sind im Umgang mit dem Internet?

Wer reserviert und nicht auftaucht, hat nichts zu verlieren

Und warum eigentlich sehen die Bäder gleichzeitig von außen so gähnend leer aus? Reservieren da vielleicht viele und tauchen dann nicht auf? Schließlich muss man bei der Reservierung zwar seine Kontaktdaten angeben, aber bezahlt wird erst an der Kasse. Wer reserviert und nicht auftaucht, hat also nichts zu verlieren.

Bei den Stadtwerken ist man sich des Badefrustes bewusst. Dürfte man mehr Menschen hineinlassen, würde man es tun, versichert Stadtwerkesprecher Michael Silva im AZ-Gespräch: "Wenn wir dürfen, reagieren wir darauf." Die Anzahl erlaubter Badegäste pro Quadratmeter Schwimmbad legt aber der Freistaat fest. Mit der Reservierungspflicht versuche man, Massenansammlungen an den Kassen zu vermeiden. Im Westbad und Michaelibad, die beide mehr Fläche haben, ist die Chance höher, noch einen Badeplatz zu ergattern.

Zudem hätten sich die Bademeister im vergangenen Jahr angeschaut, wie hoch der Anteil derjenigen ist, die zwar reservieren, aber nicht kommen. Diese Erfahrungswerte würden schon jetzt in die Kontingente eingerechnet, die man täglich freigebe.

Die Stadtwerke haben ihre Bäder an den Ausgängen mit Lichtschranken nachgerüstet. So kann nachgezählt werden, wie viele Gäste das Bad schon vorzeitig verlassen haben. Leert sich das Freibad, werden auf der Webseite wieder neue Reservierungen freigegeben. Wirklich lange sind diese, das weiß man auch bei den Stadtwerken, freilich nicht verfügbar. Die Nachfrage ist einfach zu hoch.

Im vergangenen Jahr habe man an einem Tag durch diese nachgemeldeten Tickets jedoch einmal sogar 20.000 Badegäste an einem Tag begrüßen können. Also 4.700 mehr als das eigentliche Tageskontingent.

Keine Möglichkeit für mehrere Zeitfenster

Warum dann nicht Zeitfenster einführen, damit von vornherein mehr Menschen an einem Tag planschen können? "Da sehen wir keine Möglichkeit", sagt Silva. Zum einen verkaufe man Tagestickets. Und auch praktische Fragen stellen sich. Würde man etwa zwei Zeitfenster pro Tag anbieten, Vormittag und Nachmittag, müsste man das Bad mittags eine Stunde zumachen. Die Gäste müssten ja auch Zeit haben, das Freibad zu verlassen. Und Zeitkarten gibt es im Freibad nicht. Dafür müsste man alle Ein- und Ausgänge mit Kartenlesegeräten ausstatten, die man aus den städtischen Hallenbädern kennt.

Allerdings wollen die Stadtwerke zumindest den sportlichen Schwimmern entgegenkommen. Ab der kommenden Woche werden im Dantebad, Schyrenbad und Prinzregentenbad zusätzliche Zeitfenster für Frühschwimmer eingeführt. Schon jetzt können Frühschwimmer-Tickets im Buchungssystem separat angewählt werden. An den Frühschwimmertagen kann dann schon ab 7 Uhr ins Becken gesprungen werden.

Außerdem prüfe man, so die Stadtwerke "wie wir tagsüber noch häufiger Tickets nachschieben können, sodass mehr Gäste spontan unsere Freibäder besuchen können".

Zudem ändern die Stadtwerke ab heute das Buchungssystem. "Damit niemand zu nachtschlafender Zeit für die Buchung aufstehen muss, schalten wir den neuen Buchungstag künftig ab diesem Freitag erst mittags frei", so die Stadtwerke.

Alternative Hallenbad

Und Badegäste, die keinen Internetzugang haben? Die können, so der SMW-Sprecher, das Schwimmbad-Personal am Freibad ansprechen. Das könnte auch bei der Buchung unterstützen.

Wer keine Lust auf Reservierungen hat, kann auch auf die Hallenbäder ausweichen. Süd- und Nordbad haben außen ebenfalls große Liegewiesen, die offen sind. Da es in Hallenbädern Drehkreuze mit Zugangskarten gibt, wissen die Stadtwerke immer, wie viele Menschen gerade im Bad sind.

Freilich, im Hallenbad schwimmen ist nicht dasselbe. Aber zumindest Abkühlung bekommt man so auch.

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