Teststrecke "Grüne Welle" für Radfahrer in München

Ein Forscher sucht die ideale Ampelschaltung für Radler: Der Reporter ist vom Hauptbahnhof in MÜnchen bis zur Isar mitgefahren.
von  Lennart Hegemann
AZ-Reporter Lennart Hegemann ist auf der Teststrecke unterwegs.
AZ-Reporter Lennart Hegemann ist auf der Teststrecke unterwegs. © Petra Schramek

München - Radler kennen das: Sie kommen erst zügig voran – doch dann kommt eine Ampel und es ist wieder rot. Der Grund ist: Die Ampelphasen sind für Autofahrer geschaltet. Ein Wissenschaftler möchte jetzt auf einer Strecke in München zwischen dem Hauptbahnhof und der Isar herausfinden, wie nützlich eine „Grüne Welle“ für Radfahrer sein könnte.

Dafür muss er noch Daten erheben. Zahlreiche Radler fahren deshalb die Strecke von der Paul-Heyse-, über die Herzog-Heinrich- und Kapuzinerstraße testweise ab. Für die AZ bin ich mitgeradelt.

"Grüne-Welle"-Teststrecke: Paul-Heyse-Unterführung bis Baldeplatz

Ich bekomme eine kurze Einweisung in meine Route und werde im Anschluss mit einem GPS-Gerät ausgestattet, damit meine Fahrt nachverfolgt werden kann. Dann schwinge ich mich an der Paul-Heyse-Unterführung auf mein Rad und radle Richtung Isar, mein Ziel ist der Baldeplatz. Auf meinem Weg überhole ich zahlreiche Autos, die im Berufsverkehr stecken und kaum vorankommen. Doch die erste rote Ampel bremst mich nach wenigen Metern an der Kreuzung zur Schwanthalerstraße aus.

Und da kommt die Studie von Verkehrsingenieur Mustafa Erciyas ins Spiel. "Ich bin selber Radfahrer und die vielen roten Ampeln und langen Wartezeiten stören mich“, sagt er. Im Rahmen seiner Promotion am Institut für Verkehrstechnik der Universität der Bundeswehr möchte er herausfinden, wie sinnvoll es ist, die "Grüne Welle“ in den Hauptverkehrszeiten nach den Radfahrern zu schalten. "Die grüne Welle ist nach der zulässigen Höchstgeschwindigkeit für Autos geschaltet.“ Doch auch meine Beobachtungen auf der Radtour zeigen: Autos stehen zur Hauptverkehrszeit meist im Stau und können sich gar nicht mit den zulässigen 50 Stundenkilometern fortbewegen.

Nachdem ich den Kaiser-Ludwig-Platz umfahren habe läuft es dann mit den Ampeln. Auf der Herzog-Heinrich-Straße und der Kapuzinerstraße habe ich den ersten Eindruck, wie schön sich die "Grüne Welle“ auf dem Rad anfühlen könnte. Kurz vor der Wittelsbacherbrücke treffe ich dann einen Mitstreiter von Erciyas, der meine Daten aufnimmt, bevor ich mich wieder auf den Rückweg mache.

"Grüne Welle" im Test: Zwei bis drei Minuten Zeitersparnis

Die Studie ist noch nicht beendet und daher auch noch nicht ausgewertet. Der Verkehrsingenieur rechnet daher kurz vor, was mit der "Grünen Welle“ für Radfahrer möglich ist. Das Ergebnis ist beeindruckend! Die bislang zirka zehn minütige Strecke ließe sich in zwei bis drei Minuten weniger absolvieren, wenn man als Radfahrer nicht dauerhaft abbremsen müsste.

Ein Ziel der Grünen Welle soll sein, mehr Menschen vom Auto auf das Rad zu bringen – wenn es auf zwei Rädern dann schneller geht. "Das wünsche ich mir!“, sagt Erciyas knapp. Jeder Radfahrer sei potentieller Autofahrer und trage daher dazu bei, dass weniger Autos auf den Straßen unterwegs sind und der Verkehr flüssiger läuft. Erciyas’ Projekt ist nicht das einzige, das sich mit der Grünen Welle beschäftigt. Im vergangenen Jahr haben Studenten der TU die Radel-Vorfahrt auf der Schellingstraße getestet. Die Ergebnisse werden, so ein Sprecher des Kreisverwaltungsreferats, im November dem Stadtrat präsentiert.

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