Terrorziel München: Ein Test der Terroristen?

Ein Paket mit Kabeln, Batterien und Weckerin Namibia bremst einen Air-Berlin-Jet und löst Alarm in München aus. 296 Passagiere werden stundenlang befragt
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Der Airbus der Fluggesellschaft LTU / Air Berlin nach der Landung am Münchner Flughafen. Die Maschine wurde von Spezialisten mit Spürhunden nach Sprengstoff untersuch
fib/Eß Der Airbus der Fluggesellschaft LTU / Air Berlin nach der Landung am Münchner Flughafen. Die Maschine wurde von Spezialisten mit Spürhunden nach Sprengstoff untersuch

MÜNCHEN - Ein Paket mit Kabeln, Batterien und Weckerin Namibia bremst einen Air-Berlin-Jet und löst Alarm in München aus. 296 Passagiere werden stundenlang befragt

Wir haben überhaupt nicht erkannt, in welcher Gefahr wir uns befinden“, erzählt Herbert Weiß. Der 70-Jährige und seine Frau waren an Bord des Airbus A 330, als am Flughafen von Windhuk (Namibia) Terroralarm für den Flug nach München ausgelöst wurde. Spezialisten fanden in einem der Frachtcontainer eine Sprengvorrichtung.

Die 296 Passagiere saßen bereist auf ihren Plätzen, als sie der Pilot über Lautsprecher aufforderte, den Charterflieger von LTU/AirBerlin wieder zu verlassen. „Wir mussten unser Handgepäck mitnehmen“, berichtet Herbert Weiß, „dann hat man uns zu einer Halle geführt, wo jeder von uns seine Koffer identifizieren musste“. Anschließend durchsuchten Sprengstoffexperten mit Spürhunden den Airbus A 330. „So richtig professionell hat das für uns nicht ausgesehen, was da am Vorfeld passierte“, sagt Herbert Weiß. Der Rentner aus Suhl in Thüringen verbrachte mit seiner Frau einen Safari-Urlaub in Namibia.

Beim Beladen des Airbus hatten Sicherheitskräfte am Flughafen Windhuk in einem der Frachtcontainer einen verdächtigen Gegenstand entdeckt. „Beim Durchleuchten wurden Batterien sichtbar, die über Kabel mit einem Zünder und einer laufenden Uhr verbunden waren“, bestätigt ein Sprecher des Bundeskriminalamts in Wiesbaden. Ob es sich um eine zündfähige Bombe mit Sprengstoff handelt, klären die BKA-Experten derzeit.

Nach unbestätigten Informationen gibt es Hinweise, dass es sich um ein Testgerät der Terroristen handeln könnte, um die Wirksamkeit der Sicherheitsvorkehrungen am Flughafen Windhuk zu checken. Entgegen den BKA-Informationen behauptet „Air Berlin“, das Paket sei nicht für Deutschland bestimmt gewesen. Das Gepäckstück habe keinen Ziel-Aufkleber und keinen Absender gehabt, sagte eine Sprecherin.

Der Airbus startete nach dem Sicherheitscheck mit sechseinhalbstündiger Verspätung in Richtung München. Nach einem Zwischenstopp in Djerba (Tunesien), landete der Charterflieger schließlich am frühen Donnerstagmorgen um 1.30Uhr am Münchner Flughafen. Dort ging für die Passagiere die Sicherheitsprozedur erneut los. „Wir wurden von Polizisten zweieinhalb Stunden befragt“, berichtet Herbert Weiß. Erst dann durften das Ehepaar und die übrigen Fluggäste ihre Reise fortsetzen. „In 15 Stunden haben wir nur eine kleine Schale Reis von der Fluggesellschaft zum Essen bekommen“, ärgert sich Wolfgang H. aus Krefeld, und mit Getränken wurde auch gespart.

„Die Kontrollen haben funktioniert, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière am Rande der Innenministerkonferenz in Hamburg: „Der internationale Terrorismus möchte in unserem Land Angst und Schrecken verbreiten – das lassen wir nicht zu.“

Die Sicherheitsbehörden bleiben unterdessen in erhöhter Alarmbereitschaft. Vor allem belebte Plätze und der öffentliche Nahverkehr werden besonders scharf beobachtet. Am Münchner Flughafen kontrollieren schwer bewaffnete Bundespolizisten mit Maschinenpistolen und schusssicheren Westen die Zugänge. In Zügen und Bahnen sind außerdem Zivilbeamte unterwegs und auch die Videoüberwachung läuft rund um die Uhr.

Mögliche Terroranschläge könnten sich aber auch gegen so genannte „weiche Ziele“ wie Hotels oder belebte Plätze richten. Auf dem Christkindlmarkt, der derzeit am Marienplatz aufgebaut wird, patroullieren bereits Polizeistreifen genauso wie in der Fußgängerzone. Überlegungen, den Christkindlmarkt wegen Terrorgefahr abzusagen, gibt es derzeit nicht, wie ein Sprecher des Kreisverwaltungsreferats versichert.

Überhaupt scheinen sich die Münchner vom Terror-Alarm nicht sonderlich beeindrucken zu lassen. Die Fußgängerzone ist voll wie immer. Der Handel zeigt sich deshalb zuversichtlich, dass die Terrorangst das Weihnachtsgeschäft nicht verdirbt. „Da muss schon ganz massiv etwas passieren, nur Drohungen genügen nicht, um unsere Kunden zu beeinflussen“, sagte Michael Krines, Präsident des Handelsverbandes Bayern.

Abseits martialisch ausgerüsteter Sicherheitskräfte beobachtet die Kripo das Umfeld radikaler Islamisten. „Momentan findet dort nichts statt“, sagt Polizeisprecher Peter Reichl, „was uns beunruhigen müsste.“

Ralph Hub

Aufregung um Rauch am Flughafen

Während am Donnerstag die Nachrichten von Terrorwarnungen in München voll waren, riefen nervöse Münchner an, weil auf dem Flughafengelände aus einem Haus dichter Qualm aufstieg. Die Feuerwehr war im Einsatz, und die Aufregung war groß: Was ist da los? Ein Flughafensprecher konnte bald Entwarnung geben: „Die Kollegen von der Feuerwehr üben nur,“ das würden die öfter machen. Nur fragten sich besorgte Anrufer: „Muss das mit viel Rauch unbedingt an so einem Tag sein?“

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