Terror und Spionage: Der Kampf gegen die Drohnen-Gefahr in München
Im Münchner Norden entwickelt eine kleine Tochtergesellschaft der Telekom Abwehrmaßnahmen für Drohnen. Die Kunden sind zahlreich, ebenso wie die abzuwehrenden Gefahren.
München - Eine Drohne fliegt auf die Allianz Arena zu. Das ferngesteuerte Flugobjekt transportiert ein kleines Päckchen mit weißem Pulver. Über den Zuschauerrängen lässt es seine Fracht fallen, das Pulver verteilt sich, "Anthrax" ruft jemand, eine Massenpanik bricht aus. Tote und Verletzte sind die Folge. Später stellt sich heraus: in dem Paket war nur Mehl.
Vorstandssitzung bei BMW. Es geht um um strukturelle Änderungen und die Strategie für die nächsten Jahre. Zahlen und Daten werden genannt. Informationen, die die Konkurrenz oder Wirtschaftskriminelle gerne hätten. Eine Drohne steigt auf, mit Kamera und Mikrofon ausgestattet, und schwebt vor dem Fenster der Vorstandsetage, hört alles ab.
JVA Stadelheim. Nachts surrt eine Drohne über die hohen Mauern, fliegt zielgenau mittels Kameraübertragung ein Zellenfenster an. Ein Häftling greift sich die so transportierte Waffe. Sein Plan: Beim Aufschluss am Morgen den Wärter als Geisel nehmen und sich freipressen.
Im Münchner Norden wird Drohnenabwehr erprobt
Drei fiktive Szenarien, die aber gar nicht so abwegig sind. (Industrie-)Spionage, Schmuggel, Terrorismus: Drohnen haben auch die Möglichkeiten für Kriminelle stark erweitert. Das musste auch die Telekom erfahren. Vor einigen Jahren wurde der Bonner Telekommunikationsriese Opfer eines Drohnenangriffs, ein Rechenzentrum war das Ziel.
"Da war uns klar, dass wir uns schützen müssen", sagt Markus Piendl, der bei dem Konzern seitdem eine kleine Einheit leitet, die sich genau damit beschäftigt: Drohnenabwehr.
Irgendwo im Münchner Norden hat "Telekom Security" ihren Sitz, es ist ein Hochsicherheitsgelände. Der genaue Standort darf nicht öffentlich werden. Denn die Technik, die dort erprobt, entwickelt und potenziellen Kunden präsentiert wird, soll nicht so einfach in die falschen Hände geraten oder bekannt werden.
Das Problem: Drohnen sind leicht zu bekommen, einfach zu fliegen und können mittlerweile bis zu 75 Kilo tragen. Zudem muss der Pilot nicht in unmittelbarer Nähe sein.
Kunden sind Unternehmen und Behörden
Mit Hilfe verschiedener Sensoren wie Videokameras, Frequenzscannern, Radar oder Mikrofonen arbeitet das Unternehmen. "Wir legen vor allem Wert auf die Detektion, erst dann kommt die Unschädlichmachung", erklärt Piendl. Seine Kunden sind Unternehmen mit kritischer Infrastruktur, Flughäfen und Behörden.
Basis ist eine intelligente Software, die Drohnen sicher von Vögeln, Hubschraubern und anderen Flugobjekten unterscheiden kann. In das modulare System, das in die Sicherheitskonzepte der Kunden integriert wird, können beliebig viele Sensoren eingebunden werden.
"Damit gelingt es uns, den oder die Piloten der Drohnen zu orten. Die Polizei oder der Werkschutz kann dann die weiteren Maßnahmen ergreifen", so Piendl.
Drohnen-Abschuss mit dem Dropster
Wie eine solche Maßnahme aussehen kann, präsentiert Piendl beim Besuch der AZ ebenfalls. Ein Partner-Unternehmen aus der Schweiz hat eine Pistole entwickelt, mit der Drohnen im unmittelbaren Nahbereich abgeschossen werden können.
Statt einer Kugel verschießt sie ein Netz, das sich in den Rotoren der Drohne verfängt und diese dadurch zum Absturz bringt. Die "Dropster" getaufte Schusswaffe funktioniert erstaunlich einfach und zuverlässig.
Doch so weit wollen es Piendl und seine Kollegen gar nicht erst nicht kommen lassen. "Das ist immer die Ultima Ratio", bekräftigt er. Schießen darf auch nur die Polizei oder mit Genehmigung das Wachpersonal einer Firma – oder Wachpersonal in Justizvollzugsanstalten.
Gefängnisse sind auch einer der Hauptabnehmer, der Freistaat Bayern hat unlängst sogar eine Ausschreibung speziell zur Drohnenabwehr in JVAs veröffentlicht – etwa auch für Stadelheim.

Dropster wird in Bayern in JVAs erprobt
Denn so abwegig das anfängliche Szenario vielleicht klingen mag: Allein in Bayern wurden zwischen 2015 und 2017 insgesamt 31 Drohnen im Bereich von Gefängnissen gesichtet. Im Oktober 2020 gab Bayerns Justizminister Eisenreich den Startschuss: Der "Dropster" wird zunächst in acht Justizvollzugsanstalten bayernweit erprobt.
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