Terror-Alarm in Pasing: Das Rätsel um diese Kamera

München - Eine vermeintliche Bombe hat in der Nacht zum Sonntag zu einem stundenlangen Polizeieinsatz am Pasinger Bahnhof geführt. In einem Münztelefon lag ein verdächtiger Gegenstand. Sechs Stunden später wurde der Fernsprecher aufgespregt. Der Verdacht, dass darin eine Bombe versteckt gewesen war, bestätigte sich nicht.
Seit dem Terroralarm in der Silvesternacht und an Neujahr sind deutlich mehr Streifenbeamte in München unterwegs. Der Hauptbahnhof und der Pasinger Bahnhof, die in der konkreten Terror-Drohung als Anschlagsziele genannt worden waren, werden besonders intensiv beobachtet.
Spürhund zeigte Sprengstoff an - Bahnhof wurde geräumt
Am Samstag, gegen 22 Uhr, fiel zwei Bundespolizisten dort etwas Seltsames auf: Ein Münztelefon am Pasinger Bahnhof war offensichtlich manipuliert worden. Eine Plexiglasscheibe über dem Hörer und der Tastatur war aufgebrochen worden, um dahinter etwas zu verstecken.
Bei genauerem Hinsehen konnten die Polizisten erkennen, dass in dem Hohlraum eine Videokamera lag oder installiert war. Die Polizisten verständigten ihre Dienststelle, die wiederum das Polizeipräsidium und das Landeskriminalamt einschaltete: Sprengstoffverdacht am Pasinger Bahnhof!
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Während sich ein Polizist mit seinem Sprengstoffhund auf dem Weg machte, versuchten Spezialisten der Bundespolizei, den Fernsprecher mit einem speziellen Gerät zu röntgen. Doch das Ergebnis brachte keine Klarheit. Als dann sich auch noch der Sprengstoffhund hinlegte und bellte, um anzuzeigen, dass er Sprengstoff gerochen hatte, entschloss sich die Polizei zur Räumung des Bahnhofs.
Kurz nach Mitternacht mussten alle Angestellten und Kunden den Burger King verlassen, auch der Bahnhofsplatz und die Zugänge dorthin wurden gesperrt. Die Züge konnten weiterfahren, die Passagiere mussten den Bahnhof auf der anderen Seite verlassen.
Rätsel um auf Schwamm drappierte Videokamera
Gegen 3 Uhr früh rückten schließlich die Sprengstoffexperten des bayerischen Landeskriminalamtes an. Auch sie konnten nicht eindeutig feststellen, ob es sich um Sprengstoff handelt und entschlossen sich dazu, die Telefonsäule zu sprengen. Zwei Häuser am Bahnhofsplatz wurden evakuiert. Etwa 15 Bewohner wurden in einem Großraumrettungswagen der Feuerwehr betreut. Ein Anwohner zur AZ: „Das lief alles sehr gut organisiert und strukturiert.“
Um 4.30 Uhr wurde der Fernsprecher mit einer Mini-Ladung aufgesprengt. Eine Bombe fanden die Sicherheitskräfte darin nicht. Nur eine Videokamera, die nicht verkabelt war und einen sehr geringen Betrag in der Geldkassette: gerade mal drei Euro.
Wer die Videokamera dort versteckte und wieso, ist völlig unklar. Auch warum der Polizeihund angeschlagen hatte, ist nicht abschließend geklärt. Doch die Substanzen, auf die die Vierbeiner trainiert werden, kommen gelegentlich auch in unverdächtigen Gegenständen vor – wie Haarshampoos, Kosmetik oder Medikamenten.
Terror-Alarm in München: Was wir wissen - und was nicht
Laut BR hatte ein Sprengstoffsuchhund an einem Telefon an der Wand des Bahnhofsgebäudes angeschlagen. 13 Menschen hätten ihre Häuser direkt am Pasinger Bahnhofsplatz verlassen müssen. Für den Autoverkehr sei die Umgebung ebenfalls gesperrt worden. In der Silvesternacht hatte es Terroralarm in München gegeben. IS-Terroristen wollten demnach Selbstmordanschläge auf den Münchner Hauptbahnhof und/oder den Bahnhof in Pasing verüben.
Trittbrettfahrer löst Bomben-Alarm am Hauptbahnhof aus
Mit Hochdruck fahndet die Polizei nach einem Mann, der am Samstagabend zwei Mal den Notruf betätigt und behauptet hat, in München würde eine Bombe hochgehen.
Auf der Suche nach dem Anrufer stoppte die Polizei den Regionalexpress 57190 München–Ulm und durchsuchte ihn mehrmals. Die Beamten gehen davon aus, dass es sich um einen sogenannten Trittbrettfahrer handelt. Bislang konnte er nicht gefasst werden.
Die Anrufe gingen um 16.04 Uhr und um 16.16 Uhr ein. Die Stimme war dieselbe, der Inhalt auch. Ohne konkrete Angaben drohte der Mann mit einer Bombe in München.
Anhand der Videoüberwachung im Bahnhof konnte die Polizei schnell herausfinden, wie der Anrufer aussah: Demnach ist er etwa 35 Jahre alt und hat schwarze Haare. Zur Tatzeit trug er eine weiße Mütze und eine schwarze Umhängetasche.
Beide Male hatte er von einem öffentlichen Fernsprecher telefoniert. Beim ersten Mal rief er aus der Haupthalle an, beim zweiten Mal vom Bahnsteig an Gleis 13. Danach war der Mann in den Regionalzug 57190 gestiegen. Auch das konnten die Beamten auf den Videobildern eindeutig sehen.
Planmäßige Abfahrt des RE 57190 war um 16.36 Uhr. Sieben Minuten später hielt er in Pasing. Gegen 17 Uhr stoppte die Polizei den Zug in Mammendorf und durchsuchte ihn eine Stunde lang – leider ohne Erfolg. Vermutlich war der Mann bereits in Pasing ausgestiegen. In Günzburg wurde der Zug ein weiteres Mal kontrolliert.
Münchens Polizeipräsident Hubertus Andrä hat angekündigt, Trittbrettfahrer sollten sich „warm anziehen“. Die Polizei werde intensiv ermitteln. Gegen den Anrufer wird wegen Missbrauchs von Notrufen sowie Störung des öffentlichen Friedens durch Vortäuschen einer Straftat ermittelt