"Tell Their Stories" erinnert an Münchner Opfer von 2016

Neun Menschen mussten vor acht Jahren sterben, weil sie nicht ins Weltbild passten. Ein Heft erinnert nun an die Opfer des rassistischen Anschlags am Olympia-Einkaufszentrum in München.
dpa |
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Neun Menschen mussten am 22. Juli 2016 bei einem rechtsextremen Anschlag in München sterben. Das NS-Dokumentationszentrum hat nun ein Heft herausgegeben, in dem Hinterbliebene über die Toten geschrieben haben.
Neun Menschen mussten am 22. Juli 2016 bei einem rechtsextremen Anschlag in München sterben. Das NS-Dokumentationszentrum hat nun ein Heft herausgegeben, in dem Hinterbliebene über die Toten geschrieben haben. © Tobias Hase/dpa
München

Zum achten Jahrestag des rassistischen Anschlags am Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) in München erinnert nun eine Broschüre an die neun Opfer. "Tell Their Stories" (Erzähle ihre Geschichten) lautet der Titel der Publikation, die kostenlos als gedrucktes Heft und in digitaler Form verfügbar ist. Angehörige von Armela, Can, Dijamant, Guiliano, Hüseyin, Roberto, Sabine, Selcuk und Sevda hätten die Texte geschrieben, um die Namen im kollektiven Gedächtnis zu verankern, teilte das NS-Dokumentationszentrum mit. Fotos und Gedichte ergänzen die oft sehr emotionalen Erinnerungen an die Toten. 

Am 22. Juli 2016 hatte ein 18-Jähriger am Einkaufszentrum im Münchner Norden acht junge Menschen und eine etwa 45 Jahre alte Frau erschossen, die meisten der Opfer hatten einen Migrationshintergrund. Mehr als 30 Menschen wurden verletzt, einige schwer. Auch der Täter selbst starb. Lange galt die Tat als Amoklauf. Erst Jahre später stuften die Behörden die Tat als rechtsextrem ein. Der Täter hatte sich unter anderem in Chat-Gruppen radikalisiert und sich für den Massenmörder Anders Breivik begeistert, der auf den Tag genau fünf Jahre vor dem OEZ-Anschlag in Norwegens Hauptstadt Oslo und auf der Insel Utöya 77 Menschen getötet hatte. 

"Noch immer wissen viele Menschen in München und der gesamten Bundesrepublik nicht, dass der Anschlag am OEZ sich in die verstörende und beschämende Liste antisemitischer, rassistischer und antiziganistischer Gewaltakte seit dem Zweiten Weltkrieg einreiht", heißt es im Vorwort des Heftes. "Erlangen, München, Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerda, Mölln, Solingen, Nürnberg, Kassel, Halle, Hanau — das sind nur einige der vielen Städtenamen, die insbesondere für die Betroffenen für rechten Terror in Deutschland stehen." 

Am Ort des Anschlags erinnert eine Skulptur an die Toten. Zudem will die Stadt einen Erinnerungs- und Gedenkraum schaffen. Eine entsprechende Immobilie stehe dazu in Aussicht, hieß es kürzlich. 

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  • (Symbolbild) am 24.07.2024 17:24 Uhr / Bewertung:

    Die Umwidmung des Amoklaufs eines gemobbten Einwandererkindes zu einem rechtsextremistischen Anschlag erinnert mich an antisemitische Straftaten, die oft so kommuniziert werden, als wären die Täter alle Deutsche ohne Islamhintergrund, jedoch:
    "Die Zahl der polizeibekannten Taten aus diesem Kontext betrug mit 4369 im vergangenen Jahr mehr als das Siebzigfache der 61 Delikte des Vorjahrs. ... Insgesamt 1927 dieser Taten gelten als antisemitisch, die allermeisten davon wurden ab dem 7. Oktober begangen. Mehr als die Hälfte der knapp 4400 Taten ordnet die Polizei dem Bereich „ausländische Ideologie“ zu." (tz)

  • Perlacher am 24.07.2024 00:21 Uhr / Bewertung:

    Ein schrecklicher Amoklauf einer durchgeknallten Person, der durch nichts zu rechtfertigen ist! Der Amokläufer hatte seine Opfer kurzfristig in ein Restaurant eingeladen, um sie dort zu erschießen! Zur Wahrheit gehört aber auch folgendes: Der Täter David Sonboly wurde am 20. April 1998 in München geboren — als Sohn iranischer Eltern, die in Deutschland Asyl gefunden hatten. Er war deutsch-iranischer Doppelstaatsbürger, wurde als Ali Sonboly geboren und ließ sich nach Erreichen der Volljährigkeit auf Antrag in David Sonboly umtaufen. Die neun Opfer seines Mordstreifzugs waren allesamt seinesgleichen: Einwandererkinder. Töchter und Söhne türkischer, kosovarischer, griechischer, ungarischer, albanischer Eltern. Die Herkunft und der Name des Amokläufers wird gerne verschwiegen! Aus welchen Gründen auch immer!

  • SagI am 23.07.2024 00:12 Uhr / Bewertung:

    ... die Stadt einen Erinnerungs- und Gedenkraum schaffen ...
    In diesem Erinnerungssraum sollte allen Opfern von Gewalt bis zum heutigen Tag und darüber hinaus gedacht werden können. Sinnlose und verbrecherische Gewalt geht nicht alleine und ausschließlich vom Rechtsextremismus aus, die Kriminalstatistiken geben darüber Auskunft.

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