Telemedizin: 17 bayerische Kliniken schließen sich zusammen im Kampf gegen Schlaganfall

Alle zwei Minuten erleidet ein Deutscher einen Schlaganfall. Schnelles Handeln entscheidet über Leben, Lähmungen oder Tod. Um die Versorgung auf dem Land zu optimieren, haben sich nun insgesamt 17 Kliniken vernetzt. 
von  Nina Job
Dank der Vernetzung können  Schlaganfallspezialisten jederzeit zugeschaltet werden.
Dank der Vernetzung können Schlaganfallspezialisten jederzeit zugeschaltet werden.

Alle zwei Minuten erleidet ein Deutscher einen Schlaganfall. Schnelles Handeln entscheidet über Leben, Lähmungen oder Tod. Um die Versorgung auf dem Land zu optimieren, haben sich nun insgesamt 17 Kliniken vernetzt. 

München/Ingolstadt/Günzburg - Landrat Toni Speer wartet im Klinikum Garmisch-Partenkirchen. Um ihn herum stehen Ärzte, Toni Speer schaut in eine kleine Kamera. Es sind nur wenige Klicks, dann sind weitere Ärzte aus dem 90 Kilometer entfernten Klinikum Großhadern in München zugeschaltet. Sie zoomen die Augen des Landrats auf die Größe von Golfbällen heran. Wäre er ein Patient, der einen Schlaganfall erlitten hat, könnten die Münchner nun ganz genaue Anweisungen geben und mit den Medizinern vor Ort das weitere Vorgehen besprechen.

Der Landrat hat keinen Schlaganfall erlitten, er demonstriert lediglich zusammen mit den Experten, wie das neue Neurovaskuläre Versorgungsnetzwerk Südwestbayern (Nevas) funktioniert. 2005 hatte die bayerische Staatsregierung beschlossen, ein Modellprojekt für die sogenannte Telemedizin zu fördern. Gestern wurde das mittlerweile an 2002 Patienten erfolgreich erprobte Projekt der Öffentlichkeit vorgestellt. In Deutschland erleidet alle zwei Minuten ein Mensch einen Schlaganfall. Die Zahl wird noch steigen.

„Schlaganfall ist neben Demenz die Krankheit der Zukunft. Wir rechnen bis zum Jahr 2050 mit einer Steigerung um 150 Prozent. Die Amerikaner sprechen gar von einem Schlaganfall-Tsunami“, sagte Professor Gerhard Hamann, Direktor der Klinik für Neurologie im Bezirkskrankenhaus Günzburg gestern. Risikofaktoren sind erhöhter Blutdruck, Rauchen, Übergewicht, erhöhte Blutfettwerte, Vorhofflimmern und Diabetes. Nach einem Schlaganfall ist höchste Eile geboten. Von vier Patienten, die innerhalb von 90 Minuten ärztliche Hilfe bekommen, schafft es nur einer vor Tod oder Lähmungen bewahrt zu werden.

Dieses Glück hatte eine 18-Jährige, die am 13. August 2014 von Gerhard Hamann in Günzburg operiert wurde: Die junge Frau hatte nach einem Alkohol- und Cannabis-Exzess einen Schlaganfall erlitten. „Marihuana kann zu aseptischen Entzündungen führen, die Gefäße ziehen sich zusammen.“ Der Arzt öffnete die verstopfte Arterie im Gehirn mit Hilfe eines winzigen Katheters. „Die Patientin hat sich vollständig erholt. Am nächsten Tag hat sie die Klinik auf eigenen Wunsch verlassen.“

In größeren Städten ist nach der Alarmierung wie in diesem Fall ärztliche Hilfe meist schnell da. Doch auf dem Land ist es schwieriger: die Wege sind weiter, die Neurologen weniger zahlreich. Dank Nevas sind nun 14 Kliniken in Südwestbayern mit den drei neurovaskulären Zentrumskliniken Großhadern, Ingolstadt und Günzburg vernetzt. Im Netzwerk sind Kliniken in diesen Orten: Fürstenfeldbruck, Kempten, Memmingen, Landsberg/Lech, Pfaffenhofen, Weißenburg, Starnberg, Garmisch, Donau-Ries sowie die Kliniken und Seniorenheime (gKU) in Donauwörth und Nördlingen, die Klinik Ostallgäu-Kaufbeuren in Füssen, die Ilmtalklinik sowie die Kliniken im Naturpark Altmühltal.

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