Telefonterror: Taxifahrer vor Gericht

Der 45-jährige Mann verliebt sich bei einer Anti-Alkohol-Therapie in seine Psychologin, schreibt ihr 150 E-Mails, Briefe und will sie heiraten.Der Prozess.  
von  az
Burkhard O. (45) verlässst das Gericht.
Burkhard O. (45) verlässst das Gericht.

Der 45-jährige Mann verliebt sich bei einer Anti-Alkohol-Therapie in seine Psychologin. Im Prozess wegen Stalkings streitet der Mann zunächst alles ab.

München - Ängstlich betritt die Psychologin Nicole B. (35, Name geändert) den Saal 123 des Münchner Amtsgerichts. Sie wird von einer Justizbeamtin begleitet, will dem Angeklagten Burkhard O. (45) nicht in die Augen schauen, dreht bewusst den Kopf in Richtung Staatsanwältin. Über Monate stalkt der Taxifahrer Nicole B., schreibt ihr 150 E-Mails, betreibt Telefonterror, verfasst Briefe mit selbst gemalten Bildern und passt sie vor ihrer Arbeitsstelle – einem Therapiezentrum für Suchtkranke an der Schwanthalerstraße – ab.

„Ich bin mit den Nerven am Ende gewesen, hatte Stress mit meinem Mann, weil er mich irgendwie dafür verantwortlich gemacht hat. Ich hatte auch Angst um unsere Tochter“, berichtet die blonde Frau im Zeugenstand. Im Dezember 2011 sucht der Taxifahrer das Suchtzentrum auf. Er hat ein Alkoholproblem. Wie mit jedem Patienten pflegt die Psychologin auch mit Burkhard O. einen höflichen und freundlichen Umgangston.

Dies wertet der Angeklagte als Aufforderung zum Flirt und kündigt gleich in den ersten Therapiestunden an: „Ich werde mich in Sie verlieben.“ Seine Gefühle werden aber nicht erwidert. In E-Mails und Briefen schmachtet er sie an: „Der Tag mit Dir wird schön. Ich liebe Dich.“ Die Briefe verziert er mit Zeichnungen: eine nackte Frau und ein Hochzeitspaar. Pläne für die Hochzeitsreise teilt er ihr ebenfalls mit. Nicole B. schaltet die Vorgesetzten ein.

Die Folge: Das Suchtzentrum bricht Anfang 2012 die Therapie ab. Burkhard O. lässt allerdings nicht locker, schreibt: „Ich möchte mit Dir und Deiner Tochter in den Tierpark gehen.“ Burkhard O. streitet im Prozess zunächst alles ab: „Ich habe angerufen, weil ich einen anderen Therapeuten wollte und weil ich meine gebastelten Sachen, die noch im Suchtzentrum lagen, abholen wollte. Ich habe nur zwei Briefe geschrieben: den Abschied an eine alte Liebe und an den Alkohol.“

In der Beweisaufnahme darf auch der Angeklagte Fragen stellen. Von Nicole B. will er wissen: „Wie geht es Dir?“ Sie antwortet nicht, darf gehen und sagt höflich in die Runde: „Auf Wiedersehen!“ Burkhard O., der wegen eines Motorradunfalls an Krücken geht, verkündet nach der Verurteilung zu 1200 Euro Strafe: „Sie haben es gehört: Sie will mich wiedersehen!“

 

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