Taxi-High-Noon am Marienplatz: Kommt der Mindestpreis für Uber und Co.?

Für die Konkurrenz von Uber, Bolt und Co. soll's teurer werden. Der Stadtrat vertagt die Entscheidung.
von  Laurens Greschat
Ihre Forderungen haben die Taxler auf Schilder geschrieben.
Ihre Forderungen haben die Taxler auf Schilder geschrieben. © Martha Schlüter

München - Vor dem Münchner Rathaus haben sich zwei Gruppen versammelt, die nicht unterschiedlicher sein könnten: Rund 350 Taxifahrer auf der einen Seite und der Chef von Uber Deutschland, Christoph Weigler, auf der anderen.

Anlass ist die geplante Abstimmung der Stadt über ein Mindestbeförderungsentgelt für Mietwagenanbieter wie Uber und Bolt. Beide Seiten wollen vorab ihre Positionen klar machen – laut und gewichtig.

Stadtrat entscheidet über Mindestpreis für Uber & Co.: Taxler demonstrieren auf dem Marienplatz

Kern der Abstimmung ist, ob Fahrdienstanbieter künftig einen Mindestpreis verlangen müssen. Taxis müssen dies längst: 5,90 Euro Grundpreis, 2,70 Euro pro Kilometer. Mietwagenanbieter sind günstiger und nehmen Taxis Marktanteile ab. Grünen-Stadträtin und Vorsitzende der Tarifkommission, Sibylle Stöhr, sprach deshalb von einem "ruinösen Wettbewerb zwischen Mietwagenanbietenden und dem Taxigewerbe".

Grüne, SPD und Volt brachten den Antrag in den Stadtrat ein. In einer Erklärung vom 4. April 2025 nannten sie weitere Gründe: Mietwagen aus dem Landkreis suchten in der Stadt Kunden, was das Verkehrsaufkommen, die Emissionen und die bestehende Parkplatznot zusätzlich verschärfe.

Uber-Chef Weigler brachte Beschwerdemails vorbei.
Uber-Chef Weigler brachte Beschwerdemails vorbei. © Martha Schlüter

Die Fahrdienstanbieter sehen das anders. Im Vorfeld der Abstimmung riefen sie zu Demonstrationen auf. Am Marienplatz war Uber-Deutschland-Chef Christoph Weigler anwesend – mit einer Fahrradrikscha voller Zuschriften. Rund 4500 Mails von Münchner Kunden seien bei ihm eingegangen, sagt er. Weigler ließ sie drucken und in Hartschal-Ordner heften. Gesamtgewicht? Rund 80 Kilogramm.

Viele hätten geschrieben, weil sie auf günstige Preise angewiesen seien: Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, Frauen mit Angst auf dem Nachhauseweg oder Berufstätige, die spät abends den ausgedünnten ÖPNV meiden müssen. Ihre gemeinsame Botschaft fasst Weigler so zusammen: "München ist schon jetzt viel zu teuer."

Taxi-Preise: München deutschlandweit am teuersten

München zählt deutschlandweit und europaweit zu den teuersten Städten für Taxifahrten – Deutschlandweit liegt München auf Platz eins, in Europa immerhin auf Platz drei. Um die Taxis wettbewerbsfähiger zu machen, will Grün-Rot laut AZ-Informationen einen Mindestfahrpreis von 5,42 Euro und einen Kilometerpreis von 2,60 Euro einführen. Dieser wäre niedriger als der der Taxis, würde aber die Preise für Uber-Fahrten um etwa "45 Prozent steigen lassen", erklärt Weigler. Ein Beispiel: Eine Fahrt von Moosach zur Allianz Arena würde statt 25,79 Euro nun künftig 36,62 Euro kosten.

Während Weigler die Zuschriften an die Poststelle übergibt, demonstrieren draußen rund 350 Taxifahrer. Ihre Parole: "Uber raus!" Gelbe Schilder mit roten Balken fordern "Mindestfahrpreis = Fairness" und "Fairer Wettbewerb statt Sozialdumping".

"Es geht um die Existenz": Taxler demonstrieren für Mindestpreis bei Uber & Co.

Einer der Demonstranten ist Christian Pfanzelter, 63 Jahre alt, gebürtiger Münchner und seit 42 Jahren Taxifahrer. Er hat das Schild seines Taxis abgeschraubt und mitgebracht, den Wagen am Ostbahnhof geparkt. "Es geht um die Existenz. Nicht meine – ich habe meine Schäfchen ins Trockene gebracht. Mir geht es um die nächste Generation", sagt Pfanzelter und zeigt auf seine Kollegen. Viele hätten viel Geld investiert. Ihnen drohe das Aus, sollte der Mindestpreis nicht kommen.

Taxlerin Samina demonstriert am Marienplatz.
Taxlerin Samina demonstriert am Marienplatz. © Martha Schlüter

Auch die 58-jährige Taxifahrerin Samina, die nur mit Mononym genannt werden möchte, sieht eine existenzielle Bedrohung: "Wir sind reguliert worden ohne Ende. Es darf nur eine bestimmte Stückzahl an Taxis geben. Für Uber gilt das nicht. Das kontrolliert auch keiner. Jetzt gibt es mehr Uber als Taxis." Eine Situation, die sie als unfair empfindet.

Grün-Rot im Stadtrat noch uneins: Entscheidung vertagt

Doch auch die Politik ist sich uneins. Obwohl der Antrag von Grünen, SPD und Volt kommt, sprach sich Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) jüngst dagegen aus. Im Interview mit Radio Gong sagte er: Er halte es für den falschen Weg, "Uber künstlich zu verteuern". Zwar verstehe er das Anliegen, das Taxigewerbe zu unterstützen, habe aber Bedenken: "Unsere Stadt ist teuer genug. Ich bin gespannt, ob das im Stadtrat mehrheitsfähig ist."

Die Entscheidung sollte ursprünglich an diesem Dienstag im Kreisverwaltungsausschuss getroffen werden. Nun wurde sie ohne offizielle Begründung vertagt. Die neue Sitzung ist für den Mai angesetzt. Erst dann werden Weigler, Samina und Pfanzelter erfahren, ob der Mindestpreis kommt.

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