Tauben am Ostbahnhof in München qualvoll verendet – PETA stellt Strafanzeige gegen die Deutsche Bahn
Berg am Laim - Immer wieder ist es in der jüngeren Vergangenheit in München zu Fällen von verletzten oder gar gezielt getöteten Tauben gekommen. Nun sorgt ein Vorfall am Ostbahnhof für Wirbel. Hier wurden unzählige Vögel eingesperrt, wodurch Dutzende Tauben ums Leben kamen.
Eine Tierschützerin wurde am vergangenen Donnerstagnachmittag auf die Situation aufmerksam. Sie bemerkte, wie eine Taube im Eingangsbereich eines Fastfood-Restaurants immer wieder versuchte, ein Lüftungsgitter anzufliegen, neben dem eine neu angebrachte Paneele zu erkennen war.
Bei genauer Betrachtung offenbarte sich ein Bild des Schreckens, denn aus dem Schlitz zwischen Paneele und Gitter kamen Taubenbeine und Federn zum Vorschein. Offensichtlich wurden die Tiere einfach eingeklemmt.

Sofort informierte die Frau zwei weitere Tierschützerinnen vom Wildtierwaisen Schutz e.V. und der Tierhilfe Fünfseenland e.V.. Als klar wurde, dass hinter der Paneele noch weitere Tiere eingesperrt waren, alarmierten sie die Feuerwehr.
Beim Öffnen der Wandverkleidung fallen toten Tauben zu Boden
Mit einer Leiter und in Schutzbekleidung samt Maske entfernten die Einsatzkräfte die Paneele. Schon beim Öffnen fielen die ersten toten Tiere zu Boden.

Im nun freigelegten Deckenbereich lagen zwischen Küken, die um ihre Leben rangen, und geschwächten Vögeln noch weitere tote Tauben. Zwar gelang es Feuerwehr und Tierschützern, einige noch lebende Tiere zu befreien, die Gesamtzahl dürfte sich allerdings auf mehrere Dutzend toter Vögel belaufen.
Und der Bereich, der am frühen Donnerstagabend gesichtet werden konnte, ist wohl nur die Spitze des Eisbergs. Laut den Tierschützerinnen, die selbst einen Blick in den Bereich werfen konnten, kann nicht genau gesagt werden, wie viele Tiere sich noch unter der Deckenverkleidung befinden, da es sich um einen sehr großen und schwer überschaubaren Bereich handle. "Es befinden sich ganz sicher noch lebende Tiere da oben, aber wie lange die noch durchhalten, ist nicht gewiss. Hilfe ist daher dringend nötig", sagte eine der Tierschützerinnen der AZ.
Dass sich in dem Deckenbereich Tauben aufhalten, ist kein neues Problem, wie Bilder aus dem vergangenen Jahr beweisen, auf denen an der entsprechenden Stelle noch keine Paneele zu erkennen ist.

Wer die Paneele angebracht, die Tiere damit eingesperrt und ihrem Schicksal überlassen hat, ist derzeit nicht bekannt. Allerdings soll es vor wenigen Tagen an genau dieser Stelle Kranarbeiten gegeben haben, für die Genehmigungen benötigt werden.
Wer ist für die toten Tauben verantwortlich?
Die Deutsche Bahn (DB) wies den Tierschützerinnen zufolge jegliche Verantwortungen und Kenntnisse von sich, das Veterinäramt hat der Bahn aber zu verstehen gegeben, dass im Bereich des Ostbahnhofs sehr wohl die DB für solche Maßnahmen verantwortlich sei.
Vom Veterinäramt wurde die DB darauf hingewiesen, dass die Situation schleunigst bereinigt werden müsste. Laut Tierschützerinnen verwies die Bahn allerdings auf Bestimmungen, Genehmigungen und Schutzmaßnahmen, die für eine solche Aktion notwendig wären und auch der Personalmangel sei ein Grund dafür, dass nicht vor Wochenbeginn damit begonnen werden konnte.
Für die Tierschützerinnen ein Unding. "Da oben sind kleine schwache Tiere, für deren Überleben zählt wirklich jede Minute. Man muss Tauben ja nicht mögen, aber so ein Schicksal haben sie nicht verdient."
DB untersucht Vorfall aktuell
Am Montag äußerte sich die Deutsche Bahn auf AZ-Anfrage von vergangenem Freitag. Der Vorfall sei bekannt und werde aktuell untersucht, teilte die Bahn mit. "Aktuell ist der Bereich offen, es wurde seitens der DB gemeinsam mit dem Tierschutzverein München Wasser und Futter im Deckenbereich aufgestellt. Weitere Maßnahmen folgen im Laufe dieser Woche", so eine Sprecherin der Bahn.
Grundsätzlich würden Tauben eine "beständige Herausforderung" darstellen, weshalb es Maßnahmen zur Vergrämung der Tiere gebe. Für diese sei die DB mit dem Veterinäramt München in Gesprächen.
Laut Aussage der Tierschützerin sollen allerdings nicht die DB und der Tierschutzverein München die Vögel mit Wasser und Nahrung versorgt haben, sondern andere Taubenschützer.
Das Veterinäramt bestätigte auf AZ-Anfrage, dass sich ein Mitarbeiter der DB am Freitagnachmittag mit den Taubenschützern vor Ort getroffen habe. "Das städtische Veterinäramt hat am Freitag die DB aufgefordert, weitere Bereiche der Deckenverkleidung zu öffnen", so eine Sprecherin.
Tierschutz-Organisation PETA erstattet Strafanzeige
Am Mittwoch gab die Tierschutz-Organisation PETA in einer Pressemitteilung bekannt, dass man Strafanzeige gegen die Deutsche Bahn und die von ihr beauftragte Vergrämungsfirma, die die Tiere eingeschlossen habe, erstatte.
Um die Tiere zu schützen, müsse man Taubenschläge installieren und diese regelmäßig betreuen lassen. Als Positivbeispiel nennt PETA dafür Augsburg. Durch die Errichtung von Taubenschlägen sei Augsburg die einzige deutsche Stadt, die artgerecht mit den Tieren umgehe.
Situation in München sei besonders schlimm
"Seit Jahren erhalten wir Whistleblower-Meldungen über grauenvolle Vergrämungsvorrichtungen in Bahnhöfen der Deutschen Bahn. Viele der Maßnahmen gleichen Folterwerkzeugen. Dennoch schockieren uns die neuesten Ereignisse im Münchner Ostbahnhof," so Monic Moll, Fachreferentin bei PETA.
"Bereits mehrfach sind wir mit der Deutschen Bahn in Kontakt getreten. Doch diese weigert sich vehement, auf tierleidfreie und nachhaltige Methoden zur Populationskontrolle zurückzugreifen."
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