Tanzverbot! Stille Tage in München

Abendländische Tradition oder Regelungswut von gestern? Vor dem Osterwochenende sorgen die stillen Tage wieder für Ärger. Das KVR muss kontrollieren.
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In Bayern nicht immer erlaubt.
dpa In Bayern nicht immer erlaubt.

Abendländische Tradition oder Regelungswut von gestern? Vor dem Osterwochenende sorgen die stillen Tage wieder für Ärger. Das KVR muss kontrollieren.

München - Die Karwoche als Partybremse – das erregt auch heuer die Gemüter. Die AZ erklärt die Lage:

Welche Tage sind still? Nach dem bayerischen „Gesetz über den Schutz der Sonn- und Feiertage“ sind das Aschermittwoch, Gründonnerstag, Karfreitag, Karsamstag, Allerheiligen, Volkstrauertag, Buß- und Bettag und Heiliger Abend.

Was sagt das Gesetz? An diesen Tagen sind „öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen nur dann erlaubt, wenn der diesen Tagen entsprechende ernste Charakter gewahrt ist“. Am Karfreitag ist außerdem in Räumen mit Schankbetrieb „musikalische Darbietung jeglicher Art“ verboten Nur: Was genau ist „ernster“ Charakter? „Hintergrundmusik ist ok“, sagt Peter Lueg vom KVR. „Aber wenn irgendwo Halligalli gemacht wird, entspricht das nicht dem Gesetz.“

Was änderte die Lockerung des Gesetzes?
Früher galt das Tanzverbot an allen Tagen von 0 bis 24 Uhr. Seit 2013 gilt es erst ab zwei Uhr – ausgenommen Karfreitag und Karsamstag. Konkret heißt das: Am Mittwoch darf nachts bis zwei Uhr getanzt werden – an allen anderen Tagen ist alles wie bisher.

Was machen die Clubs?

Viele, wie zum Beispiel das Harry Klein machen Donnerstag und Freitag zu, damit sind sie aus dem Schneider. Andere werben gerade mit der Sause an den stillen Tagen. Das P1 zum Beispiel. „Karfreitag eröffnen wir die Hasenjagd“, heißt es da, es wird die „Ostersause schlechthin“ angekündigt. Zielvorgabe: „Feiern bis die Eier platzen.“ Das Pimpernell schickt als DJ in der Nacht zum Samstag Mister in Cock Nito in den Ring, das Motto lautet „Tanzverbot for the Holy Man.“ Angekündigt wird das mit „Jaaa, es ist noch nicht vorbei mit der Trauer! Nachdem sich die Geschichte aber nun zum 1981. Mal jährt, wissen wir um ihren guten Ausgang.“ Für eine Nacht später kündigt das Pimpernell dann „J.C. Superstar“ an. „Auferstanden, fiebernd nach Bass, durstig und wollüstig.“

Wie wird kontrolliert?
Das KVR schickt nach eigenen Angaben Bezirksinspektoren aus. „Und die Polizei ist auch vor Ort“, sagt Peter Lueg. Es drohen Bußgelder. „Uns ist natürlich bekannt, dass einige bereits großes Halligalli angekündigt haben.“

Was sagen die Gegner?
Event-Veranstalter Alexander Wolfrum kämpft seit Jahren gegen das Tanzverbot. „Wir sind nicht die Partyfraktion. Wir wollen eine Modernisierung des Gesetzes“, sagt der Vorsitzende vom Verband der Münchner Kulturveranstalter, der die Agentur „Gründliche Realisierung Allgemeiner Lebensfreude“ betreibt.

„Menschen, die in die Kirche gehen, sollen dabei nicht gestört werden“, so Wolfrum. „Wir verstehen aber nicht, dass in einem Club kein Jazzkonzert stattfinden darf.

Selbst Kirchenvertreter sagen, dass sie in der Nacht vor dem Feiertag keinen Schutz brauchen.“ Dass Sportveranstaltungen erlaubt sind, findet Wolfrum ebenfalls grotesk. „69000 Menschen dürfen im Stadion Hits grölen, derjenige, der diesen Hit geschrieben hat, dürfte aber nicht auftreten.“

Wolfrum wehrt sich gerichtlich derzeit gegen ein Bußgeld – und erwägt nach dem Gang durch die Instanzen eine Verfassungsbeschwerde. Das Gesetz verstoße gegen das Grundgesetz, weil es die Religionen nicht gleich behandele. „Wenn Juden ein hohes Fest feiern, darf man sie nur 500 Meter um die Synagoge herum nicht stören. Und bei Buddhisten gibt es gar keinen Schutz.“ Sein Vorschlag: Alle sollen da geschützt werden, wo sie ihren Glauben ausleben. Aber eben nur da.

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