Tanzen an stillen Tagen?
Die AZ-Redakteure Volker Isfort (links, pro) und Georg Thanscheidt (kontra) über das Tanz- und Musikverbot an stillen Tagen wie Karfreitag.
Pro
Wenn tausende Menschen Würste, Hendl und Spareribs am Karfreitag in Münchner Biergärten mit zwei Maß Bier runterspülen, fühlt sich niemand in seinem religiösen Eifer belästigt. Der Mankell-Krimi (ARD), James Bond (Pro7) und zahllose härtere Actionfilme bis in den frühen Morgen auf fast allen Sendern gehen am Karfreitag offensichtlich Konform mit dem Feiertagsgesetz. Puccinis Oper „Madame Butterfly“ hingegen nicht. Sie musste in Essen vom Spielplan genommen werden. Wer in dieser Regelung eine Stringenz erkennt, verfügt wohl über besondere Geistesgaben.
Es stört mich nicht, wenn an „stillen“ Tagen andere Menschen ihren Vergnügungen nachgehen möchten. Ich muss sie ja nicht teilen. Was mich allerdings stört, ist die willkürliche Gängelung. Wer an kirchlichen Feiertagen keinen Grund für Besinnung erkennen mag, wird dafür seine Gründe haben. Das generelle „Musikverbot“ hingegen ist schlichtweg intolerant.
Kontra
Schon klar: 356 Tage zum Feiern, Tanzen und Musizieren sind in so einer lustfeindlichen Stadt wie München einfach nicht genug. Zumindest nicht, wenn es nach einigen Gastronomen und Party-Veranstaltern gehen würde – für die sind neun umsatzlose, weil stille Tage natürlich schwer zu verkraften. Aber Party und Penunzen sind nun mal nicht alles im Leben. Es gibt auch noch solche Werte wie Rücksichtnahme und Tradition.
So ist es zumindest ein Gebot der Rücksicht auf 700000 Christen in München, dass ihnen an dem Tag, an dem Jesus gekreuzigt wurde, nicht Münchens Partyvolk auf der Nase herumtanzt. Und bei aller gebotenen Trennung von Staat und Kirche: Die Wurzeln unseres Staates liegen in der christlich-jüdischen Religion – selbst die Aufklärung ist ohne die Buchreligionen nicht denkbar. Und das deutsche Volk hat sich sein Grundgesetz auch „im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott“ gegeben. Die stillen Tage stehen in dieser guten, sinnstiftenden Tradition.
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