Tank-Abzocke: 2 Mio für heiße Luft
MÜNCHEN - Weil Zähler an den Zapfsäulen oft ungenau sind, wird an den Tankstellen im Schnitt 0,2 Prozent weniger Sprit abgegeben, als bezahlt wird
Was war das für ein Aufschrei, als der Verein gegen betrügerisches Einschenken zum Wiesn-Auftakt mal wieder die schlechte Schankmoral auf dem Oktoberfest geißelte! Maximal 0,9 Liter Bier, das hatte Vereinspräsident Jan-Ulrich Bittlinger herausgefunden, enthält ein Maßkrug auf der Wiesn. „Dadurch werden die Gäste pro Liter Bier um 80 Cent betrogen.“
Was Bittlinger indes nicht sagte: Auch an den Zapfsäulen lässt die „Schank-Moral“ der Tankstellen-Betreiber mitunter zu wünschen übrig. Als das Eichamt München jetzt gemeinsam mit dem ARD-Wissensmagazin „Brain“ bei verschiedenen Tankstellen Stichproben durchführte, stellten die Tester fest, dass bei getankten 50 Litern bis zu 180 Milliliter Kraftstoff fehlten. „Im Durchschnitt werden 0,2 Prozent zu wenig abgegeben“, erklärt Roland Kraus, der Leiter des Eichamts München.
Für die Autofahrer ergibt sich dadurch eine bemerkenswerte Rechnung: Die 689857 PKW-Fahrer im Stadtgebiet werden heuer um fast 1,5 Millionen Liter Benzin betrogen. Bei den aktuellen Benzinpreisen sind es fast zwei Millionen Euro, die Münchens Autofahrer jedes Jahr für Luft bezahlen müssen. „Es wäre eine schöne Sache, wenn hier genau abgerechnet würde“, sagt Andreas Hölzel vom ADAC.
Eine EU–Richtlinie weicht das alte deutsche Eichgesetz auf
Doch dazu wird es wohl auch in Zukunft nicht kommen – denn die Ungenauigkeiten bei der Tankfüllung sind sogar gesetzlich legitimiert. Eine EU–Richtlinie, die im vergangenen Jahr in deutsches Recht umgesetzt wurde und das alte deutsche Eichgesetz aufweicht, erlaubt, dass bei einer Abgabe von 100 Litern 0,5 Prozent Kraftstoff fehlen dürfen, also ein halber Liter.
Und woher kommt der Unterschank an der Zapfsäule? „Zum einen liegt das daran, dass mitunter der Gasabscheider nicht korrekt funktioniert und dadurch Luft in den Tank gelangt“, erklärt Ernst Seidl, der stellvertretender Leiter des Eichamts München. Zum anderen würden sich die Benzinzähler an den Zapfsäulen mitunter schneller drehen, als Benzin eingeführt wird. Vor allem bei Kolbenzählern, die bei älteren Tankstellen noch immer verwendet werden, ist das möglich. Karin Retzlaff vom Deutschen Mineralölwirtschaftsverband verweist indes darauf, dass die Benzinzähler sich mitunter auch langsamer drehen und dadurch Benzin gespart wird.
Für alle, die ganz sicher gehen wollen, gibt es eine Möglichkeit, die Abzocke an der Tankstelle einzuschränken: Wer nur ganz langsam sein Benzin abzapft, der vermeidet die Ungenauigkeiten. Allerdings braucht er auch deutlich länger, bis der Tank endlich voll ist. <</p>
b>Daniel Aschoff
- Themen:
- ADAC
- Europäische Union
- Oktoberfest