Tango Korrupti am Bau

Die Staatsanwaltschaft ist einem neuen Korruptionsskandal in der Münchner Baubranche auf die Schliche gekommen. Zwei Firmenchefs wurden verhaftet. Sie sollen ein regelrechtes Kartell gebildet haben.
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Die Ingenieursgesellschaft war auch an den Arbeiten im Klinikum Bogenhausen beteiligt.
Martha Schlüter Die Ingenieursgesellschaft war auch an den Arbeiten im Klinikum Bogenhausen beteiligt.

MÜNCHEN - Die Staatsanwaltschaft ist einem neuen Korruptionsskandal in der Münchner Baubranche auf die Schliche gekommen. Zwei Firmenchefs wurden verhaftet. Sie sollen ein regelrechtes Kartell gebildet haben.

Der 68-jährige Bauunternehmer Manfred H. und der Chef einer bekannten Ingenieursgesellschaft, Alfred L. (69), sitzen inzwischen beide in Untersuchungshaft. Die Firmenbosse sollen Ausschreibungen manipuliert, Preisabsprachen getroffen und auch Mitarbeiter der Stadt bestochen haben. Die Schadenshöhe lässt sich derzeit noch nicht abschätzen.

Wie Oberstaatsanwalt Anton Winkler der Abendzeitung am Freitag bestätigte, wird gegen beide Verdächtige ermittelt. Das Firmenimperium von Alfred L. hat sich auf die Planung und Bauleitung von Großprojekten im In- und Ausland spezialisiert. Für das Saudische Königshaus tüftelten Ingenieure in der Hauptstadt Riad an einem noblen Sportclub. Sie bauten Wasser- und Pumpstationen für die Ölscheichs und waren auch im Auftrag der Stiftung von König Faisal aktiv.

Gute Geschäfte mit städtischen Wohnbaugesellschaften

Zuhause in München machte Alfred L. gute Geschäfte mit städtischen Wohnbaugesellschaften wie der Gewofag und der GWG, mit dem Klinikum Bogenhausen und den Innenstadtkliniken der Uni. Im Tierpark Hellabrunn baute die Firma mit, auch an etlichen Schulen, Seniorenheimen sowie bei der Neugestaltung der Kantine im Rathaus – überall mischten Alfred L.s Ingenieure mit.

Am Freitag musste der 69-Jährige den Chefsessel in seiner Ramersdorfer Firmenzentrale mit einer Zelle im Gefängnis tauschen. „Wir ermitteln wegen Bestechlichkeit“, bestätigte Oberstaatsanwalt Anton Winkler auf Anfrage der AZ. Alfred L. soll mindestens 150 000 Euro von seinem Geschäftspartner Manfred H. kassiert haben. Dessen Unternehmen hat sich auf den Bau von Wasser- und Abwassersystemen sowie regenerative Energietechnik spezialisiert. Im Gegenzug für das gezahlte Schmiergeld lobte die Ingenieursgesellschaft die Leistungen und Angebote des Bauunternehmers über den grünen Klee.

Ermittlungen wegen Vorteilsgewährung

Die Bauherren zahlten im Vertrauen auf das Planungsbüro ahnungslos die vorher abgesprochenen Rechnungen. Alfred L., so der Verdacht der Ermittler, habe auch versucht, städtische Mitarbeiter zu schmieren. „Deshalb ermitteln wir auch wegen Vorteilsgewährung“, betont Anton Winkler. Betroffen sein soll das Baureferat, was die Staatsanwaltschaft aus ermittlungstaktischen Gründen aber nicht bestätigen wollte.

Bauunternehmer Manfred H. sitzt bereits seit mehreren Wochen in U-Haft.Wie auch bei Alfred L. besteht bei ihm Flucht- und Verdunklungsgefahr. Beschlagnahmte Geschäftsunterlagen werden derzeit ausgewertet. Die Fahnder überprüfen alle relevanten Projekte bis zurück ins Jahr 2002.

Alfred L. und Manfred H., der unter anderem an der Messestadt Riem mitbaute, sollen seit rund 30 Jahren den Tango Korrupti tanzen. Dabei bildeten sie ein regelrechtes Kartell, mit dessen Hilfe sie angeblich Ausschreibungen in Millionenhöhe manipuliert und Steuern hinterzogen haben sollen.

Die Firmenbosse verdienten ein Vermögen. Von millionenschweren Immobilien im In- und Ausland ist die Rede, unter anderem einer Villa an der Küste Kenias und geheimen Schwarzgeldkonten in der Schweiz.

Ralph Hub

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