Tagsüber Friseur, abends Kneipe? Wie die Grünen Gewerbeflächen in München cleverer nutzen wollen

München - Noch hängen Plastiktüten über den Lampen, noch fehlen Tische, noch stehen Kartons herum und Bretter lehnen an den Wänden. In gut vier Wochen wird das anders sein.
Dann sollen die ersten Gäste auf den grünen Polsterbänken zum Beispiel Dinkelreis mit Gemüse essen oder an der Bar mit dem Blümchenmuster einen Kaffee schlürfen.
Klimaschonende Gastronomie im "Charlie und Lars"
Denn dann am 9. Mai wird Katrin Wesche-Kolo ihr Café "Charlie und Lars" an der Dachauer Straße 24 eröffnen. Sie will dort eine klimaschonende Gastronomie anbieten.
Also: wenig wegwerfen, wenig Wasser verbrauchen und möglichst bloß Lebensmittel aus der Region verkochen.
Künstler und Designer sollen ebenfalls ins Café einziehen
Ihre Gäste werden dann auch an einem weißen Architekturmodell vorbeilaufen, sie werden vielleicht durch Kataloge blättern, in denen "märchenhafte" Wohnungen angepriesen werden – und womöglich kommen sie auf die Idee, dass sie einen neuen nachhaltig produzierten Holztisch oder einen schicken Stuhl oder eine Designer-Lampe brauchen.
Denn in den Räumen an der Dachauer Straße wird nicht nur ein Café untergebracht sein, sondern auch der Showroom einer Immobilienfirma. Außerdem sollen Künstler und Designer einziehen.
Städträtin Julia Post (Grüne): Gewerbemieten sind teuer, teilen ist also logisch
Solche Mehrfachnutzungen von Gewerbeflächen wünscht sich Grünen-Stadträtin Julia Post noch viel mehr in München. Denn schließlich seien die Gewerbemieten teuer.
Und wenn ein kreativer Kopf mit einer Geschäftsidee nicht gleich einen ganzen Laden alleine mieten und ausstatten muss, hat er vielleicht eher den Mut diese auch umzusetzen, glaubt Post.
Tagsüber Café, abends Bar: Lassen sich so Quartiere beleben?
Hinzu komme, dass sich so Quartiere beleben lassen – zum Beispiel, wenn aus dem Café am Abend eine Bar wird. Schon vor einem Jahr stellte ihre Fraktion einen Antrag, dass die Verwaltung eine Strategie für solche Mehrfachnutzungen ausarbeiten soll.
Dieser Idee stimmte der Stadtrat vor Kurzem mehrheitlich zu.

Stadt München bemüht sich um Leitfaden für Unternehmer
Ein Büro soll nun für die Stadt einen Leitfaden erstellen, an dem sich Unternehmer orientieren können, wenn sie gern eine Gewerbefläche teilen würden, aber nicht so genau wissen, wie man dafür eine Genehmigung von der Stadt bekommt. Auch den Verwaltungsmitarbeitern soll der Leitfaden helfen, die Abläufe zu beschleunigen. Stadträtin Julia Post hofft, dass der Leitfaden in etwa einem Jahr fertig ist.
Die Erfahrung, dass es mühsam sein kann, die Genehmigungen bei der Stadt zu bekommen, habe sie auch gemacht, sagt Gastronomin Katrin Wesche-Kolo. Bis sie eine Freischankfläche eröffnen darf, könne es wohl noch zwei, drei Monate dauern, schätzt sie.
Gastronomin Jeanette de Pauli vernetzt Unternehmen für Co-Nutzungen
Eine große Hilfe war ihr Jeanette de Pauli. "Ohne sie hätte ich die Fläche gar nicht gefunden", glaubt die Gastronomin. Jeanette de Pauli hat vor vier Jahren ein Unternehmen gegründet, das darauf spezialisiert ist, Unternehmen zusammenzubringen, die sich eine Gewerbefläche teilen wollen.
"Shared" heißt die Plattform. Auf der Webseite findet man Werkstätten, Läden, Küchen, Cafés und auch Yoga-Studios. Sie habe etwa 25 Partnerschaften vermittelt - zum Beispiel sei in eine Location, in der nur am Wochenende Hochzeiten gefeiert wurden, eine Tanzschule eingezogen.
Jeanette de Pauli glaubt aber, dass das Potenzial in München noch viel größer ist. Denn schließlich nutzen die wenigsten Firmen ihre Fläche rund um die Uhr.
"Friseure machen meistens montags zu, kleinere Läden schließen schon um 18 Uhr", sagt sie. Viel Zeit also, in der andere Getränke ausschenken, Vorträge halten oder Kurse anbieten könnten.