Tag gegen Lärm: Seeufer, Dampfbad, Gruft - die liebsten stillen Orte der AZ-Redaktion

Einfach mal eine Auszeit nehmen vom Grundrauschen des Tages, das macht jeder Mensch anders und meist auch woanders – aber mit Sicherheit nicht in einer Zeitungsredaktion. Da klackert und klingelt es nämlich unentwegt, telefonieren mindestens drei Menschen gleichzeitig und fragt der Chefredakteur immer mal wieder in die gesamte Runde Allgemeinwissen ab ("Wer machte nochmal den Gang nach Canossa?").
Wohin unsere Mini-Fluchten führen, haben wir Ihnen in diesem Artikel zusammengestellt. Und wer weiß: Vielleicht sieht man sich ja mal dort?
Mal kurz an den Hinterbrühler See
Ein Schwan gleitet über den Hinterbrühler See, da ist man beim Zuschauen doch gleich entspannt. Foto: anf
Manchmal, wenn der Lärm der Stadt zu sehr in meinen Ohren schrillt, schnüre ich meine Schuhe und laufe den Isarwehrkanal in Richtung Solln. Je weiter ich vorankomme, desto weniger Menschen begegne ich.
Klar, es gibt immer ein paar Jogger oder Hundebesitzer, aber der Autoverkehr ist angenehm weit weg und irgendwie genießen auch die anderen Passanten einfach die Ruhe der Anlage. Spätestens am Hinterbrühler See.
Im Sommer ist er hier etwas turbulenter, was auch an dem kleinen Biergarten liegt, der an besonders sonnigen Tagen öffnet. Aber unter der Woche oder wenn das Wetter nicht ganz so uneingeschränkt heiter ist, treffe ich hier kaum jemanden. Dann setze ich mich auf eine Bank und schaue den Schwänen beim Dahingleiten über das Wasser zu. Und wenn es zu unruhig wird, verliere ich mich einfach auf einem der Pfade rund um den See.
Sophie Anfang
Kabinettsgarten
Hinter der Hofkirche liegt diese Perle.
Geheimtipps sollte man nicht verraten. Aber der stand schon mal in Ihrer Zeitung: "Das Museum des Deutschen Alpenvereins mit seinem großartigen Garten war für mich immer ein Rückzugsgebiet", sagte der umtriebige Haus-der-Kunst-Chef Chris Dercon zum Abschied von München im AZ-Interview. "Der schöne Garten neben der Allerheiligenhofkirche ebenso. Unglaubliche Perlen, aber die Münchner wissen das wohl nicht: Ich war meistens alleine dort."
Im Alpinen Museum gibt es hin und wieder Kindergeburtstage. Im versteckten Kabinettsgarten an der Rückseite der Residenz aber nie. Er ist daher die erste Wahl für Ruhe mitten in der Stadt.
AZ
Alter Nordfriedhof
Der Ort hat eine ganz eigene Würde. Foto: wiki/Schlaier
Wenn man aus einer Kleinstadt kommt, hört sich der Vorschlag seltsam an: Erholung suchen auf dem Friedhof? Zu Hause könnte man damit einen Skandal auslösen. Wenn man dann sieht, dass man in der Großstadt auf dem Friedhof sogar joggen gehen kann, fühlt man sich gleich besser.
Auf einer Bank sitzen und den Eichhörnchen beim Niedlichsein zuschauen steht auf der Pietäts-Hitparade weiter oben als Joggen. Erstaunlich ruhig ist es rund um den Alten Nordfriedhof in der Maxvorstadt. Dafür ist innerhalb seiner Mauern, vor allem an schönen Tagen, ganz schön was los. Menschen sitzen träumend oder lesend auf den Bänken, Paare spazieren schwatzend unter den Bäumen. Es ist wie ein Mini-Englischer Garten ohne Ton. Aber, mahnt die Stadt München: Auch wenn hier seit dem Zweiten Weltkrieg keine Menschen mehr bestattet werden, ist es immer noch ein Friedhof – und kein Park. Das heißt: Die Würde des Ortes darf nicht durch Partys und Ballspiele verletzt werden.
Genau das macht den Alten Nordfriedhof ja zu einem so angenehmen Erholungsort. Und für Kinder gibt es direkt nebenan einen Spielplatz.
Philipp Seidel
Wittelsbachergruft
Hier haben Bayerns Kurfürsten ihre ewige Ruhe gefunden. Foto: rbr
Die Kirchen der Innenstadt sind nur ein relativer Ort der Ruhe: Zu viele Touristen genießen da plappernd die Kunstschätze. In der Theatinerkirche kann man den Lärm der Welt für zwei Euro Eintritt hinter sich lassen.
Am Ende des rechten Seitenschiffs geht es hinunter in die Fürstengruft. Dort ruht neben anderen Wittelsbachern auch Kurfürst Max Emanuel, dessen langersehnte Geburt den Anlass für den Bau der Barockkirche gab. Mehr Entschleunigung geht nicht – allerdings nur von Mai bis November. Im Winter ist diese Oase der Ruhe geschlossen.
Robert Braunmüller
Nordbad
Besonders schön ist das Bad, wenn’s draußen kalt ist. Foto: Boer/SWM
Totenstill ist es nicht im Außenbecken des Nordbads, aber die Brausen plätschern so friedlich, die Geräusche der Welt sind so gedämpft, dass es sich dort wunderbar zur Ruhe kommen lässt – vor allem vormittags an Wochentagen, wenn sich mal keine schwimmflügelchenbepackten Kinder durch den Strudel treiben lassen. Am besten: wenn’s schneit und die Wasseroberfläche verzaubert dampft.
Anja Perkuhn
Zauberwald in Allach
In Allach an der Würm ist’s richtig lauschig. Foto: ill
Weil selbst das ruhigste Platzerl an der Isar nicht mehr als Geheimtipp durchgeht, sei hier der zweite Fluss empfohlen, der das ganze Stadtgebiet durchfließt: die Würm. In Allach erinnern die Würm-auen an einen Zauberwald. Das Flussbett ist so ausladend, dass sogar das Würm-Rauschen leiser ist als sonstwo. Bereits nach wenigen Minuten umfängt den Besucher diese Ruhe so umfassend, dass einen gelegentliche Jogger und Radler gar nicht mehr stören.
Michael Schilling
Haidhauser Hinterhaus
Meine Wohnung ist dunkel und klein. So richtig gestört hat mich das aber nie. Denn draußen ist das Leben, draußen will ich sein. An der Isar, im Café, auf der Straße: Da geh ich hin, wenn ich frei habe. Stille? Interessiert mich nie. Wenn im Hintergrund im Café noch ein Radio dudelt: wunderbar! Ausruhen kann ich mich am besten zwischen Menschen.
Nur in der Nacht zu Hause, da mag ich es ruhig. Und da ist so eine Hinterhof-Parterre-Wohnung dann doch von Vorteil. Es ist leiser als auf jedem Dorf im Oberland, wunderbar zum Schlafen. Das gilt auch am Tag. Sollte ich also doch noch ein großes Ruhebedürfnis entwickeln, stehe ich nicht mit den anderen Stille-Suchern im Stau, sondern gehe einfach nicht raus in die Stadt. Und bleib daheim. In meiner stillen, dunklen Wohnung.
Felix Müller
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