Suche nach einem Schul-Chef: Das rote Armutszeugnis

MÜNCHEN - Die SPD hat es jahrelang versäumt, einen eigenen Kandidaten für den Job des Schulreferenten aufzubauen. Jetzt wird unter 50 fremden Bewerbern ein pädagogischer Polit-Profi gesucht
"Das ist peinlich“ musste OB Christian Ude einräumen. „Das ist ein Armutszeugnis“ schmollt ein anderer Genosse: 16 Jahre hatte die Münchner SPD Zeit, einen Nachfolger zu suchen für die nächstes Jahr scheidende Stadtschulrätin. Denn es war seit ihrem Dienstantritt 1993 kein Geheimnis, dass Elisabeth Weiß-Söllner 2011 schon 65 Jahre alt wird.
Am 25. November werden die Referenten neu gewählt: Aber die SPD konnte im Vorfeld der Ausschreibung keinen eigenen Schul-Kandidaten aufbieten. Selbst aus Städtetags-Kontakten ergab sich keine Berührung – wie sie vor zwei Jahren den Kulturreferenten Hans-Georg Küppers aus Bochum bescherte. Sie ist darauf angewiesen, dass sich aus dem Zufallsprinzip der 50 fremden Bewerbungen ein profilierter Kandidat findet.
SPD rühmt München immer als "Schulstadt"
„Dabei rühmt sich die SPD in vollmundigen Bekenntnissen als Schulstadt“, frotzelt ein Genosse. „Ja, es ist peinlich gewesen, dass die SPD aus ihren Reihen keinen Vorschlag machen konnte“, sagt Ude selbstkritisch: „Eine vorausschauende Personalpolitik konnte man nicht feststellen.“
Anders als früher dränge sich auch niemand mehr danach. „Die Einstellung hat sich gewandelt. Man möchte lieber pädagogisch arbeiten – bei mehr Lebensqualität und weniger Gehalt.“ Es gebe heute kaum noch die Leute, die Schulpolitik machen wollten. Aber genauso ein Kandidat wird gesucht. Ude: „Von der Reformschule bis zur Kinderbetreuung sind viele inhaltliche Schwerpunkte zu setzen.“ Und der städtische Sport gehört auch noch zum Referat.
Der neue Referent soll das Haus nicht nur verwalten, sondern Ideen bringen und Schulpolitik machen. 50 Bewerbungen sind bei der Stadt eingegangen. Die Vorstellungsrunde ist am 11. November.
Zwei Frauen sind unter den neun Favoriten
Die SPD lädt vier Kandidaten, darunter eine Frau, zur Vorstellung ein. Einer kommt aus Bayern. Es sind Schulleiter, Beamte aus Ministerien und Schulbehörden. Einer hat kein SPD-Parteibuch.
Die Grünen laden fünf Aspiranten ein (eine Frau, einer mit Parteibuch). Sie wünschen sich, dass der/die Neue mehr Innovationen in die Schulpolitik einbringt.
Das Rennen ist vollkommen offen. SPD und Grüne müssen sich auf einen Kandidaten einigen. „Es sind Leute dabei, die wir gemeinsam gut finden“, sagt ein Stadtrat. Und warum hat man erst so spät gesucht? „Da übertölpelt einen immer das Tagesgeschäft“, meint ein Stadtrat reumütig, und ein anderer beklagt: „Es wird zunehmend schwerer, weil der politische Bereich an Attraktivität verliert.“
Willi Bock