Studie "Lebensgefühl Corona": Wie gehen die Menschen mit der Pandemie um?

Lebensgefühl Corona - unter diesem Titel hat die Diakonie in Zusammenarbeit mit der LMU eine Studie erstellt, die sich dem Umgang der Menschen mit der Pandemie widmet. Was dabei herausgekommen ist.
von  Lisa Marie Albrecht
Abstandsregeln, Maskenpflicht, Lockdown: Diese und andere Einschränkungen beeinflussen die Menschen sehr unterschiedlich. (Symbolbild)
Abstandsregeln, Maskenpflicht, Lockdown: Diese und andere Einschränkungen beeinflussen die Menschen sehr unterschiedlich. (Symbolbild) © Kira Hofmann/dpa-Zentralbild/dpa

München - Regelbefolger auf der einen, Querdenker auf der anderen Seite? Diesen Eindruck konnte man im Verlauf der Corona-Pandemie, teils auch befeuert durch erbitterte Kämpfe in den Sozialen Netzwerken, gewinnen - doch die Realität sieht freilich anders aus. Wie haben Menschen die fundamentalen Umbrüche durch die Pandemie erlebt? Was hat sie belastet, was hat ihnen Halt gegeben? Mit diesen Fragen hat sich eine Langzeitstudie von Kirche und Diakonie in Zusammenarbeit mit der LMU München beschäftigt.

"Das Lebensgefühl Corona ist höchst ambivalent"

50 Personen aus dem Querschnitt der Gesellschaft wurden in der qualitativen Untersuchung über ein Jahr zu ihrem Corona-Empfinden befragt. Dabei gab es drei "Befragungswellen" von Ende September bis Ende Oktober 2020, im Februar und März 2021 sowie im Juni und Juli 2021. Von den Befragten waren 31 evangelisch, der Rest gehört anderen oder keinem Glauben an.

Zentrale Erkenntnis: "Das Lebensgefühl Corona ist höchst ambivalent", so Studienleiter Daniel Hörsch von der Evangelischen Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung (Midi) am Montag bei der Vorstellung. Diakonie-Präsident Ulrich Lilie sagte, es habe ihn besonders überrascht, "wie entscheidend die materielle und kulturelle Herkunft" für den Umgang mit der Pandemie sei. Während gut Abgesicherte eine gewisse Resilienz gegen Beschränkungen und Unsicherheit aufbauen und der Krise sogar Positives abgewinnen konnten, war sie für andere schlicht existenzgefährdend.

Trotz aller Zwiespältigkeit hat die Studie acht "Corona-Persona" kategorisiert, die wir Ihnen hier genauer vorstellen.

Die Achtsamen

Das zeichnet sie aus: Die Achtsamen sind den Studienautoren zufolge auf Selbstverwirklichung und inneren Frieden bedacht. Sie blicken insgesamt entspannt auf die Pandemie, haben die Maßnahmen teils als nervend empfunden und stehen dem Impfen skeptisch-kritisch gegenüber. Sie reflektieren viel und sehnen sich nach Kontakten.

Die Empörten

Das zeichnet sie aus: Die Studie beschreibt sie als gut informierte Zeitgenossen, die gesellschaftliche Schieflagen kritisieren und für Menschlichkeit, Gerechtigkeit und Solidarität eintreten. Empörte nehmen Krisen als Abenteuer wahr und haben Social Distancing durch "digitale Treffen" kompensiert. Im Rückblick empfinden sie die Krise als Zeit, aus der sie das Beste gemacht haben.

Die Erschöpften

Das zeichnet sie aus: Dem Namen entsprechend sehen sich die Erschöpften im Hamsterrad gefangen, konstatiert die Studie. Ihr Bewusstsein prägen viele Verpflichtungen und Sorgen, häufig auch psychische Erkrankungen. In Bezug auf die Pandemie haben sie eine fatalistische Einstellung, sehen ihren Alltag als noch mühsamer an. Sie befolgen AHA-Regeln penibel und informieren sich ausführlich.

Die Mitmacher

Das zeichnet sie aus: Sie werden als verantwortungsvoll und altruistisch beschrieben. Man hält sich in der Pandemie an die Regeln. Die Mitmacher sind gesellschaftlich engagiert, Familienmenschen und gehen eher pragmatisch mit Krisen um. Von Corona waren sie meist nur mittelbar betroffen, hofften auf ein schnelles Ende durch Impfungen, fürchteten aber post-pandemische Kollateralschäden.

Die Ausgebrannten

Das zeichnet sie aus: Die Ausgebrannten verstehen sich als "Powermenschen", sind pflichtbewusst und kümmern sich fürsorglich um Angehörige, analysiert die Studie. In der Pandemie kommen sie aber an ihre Grenzen, fühlen sich von den schlechten Nachrichten überlastet. In der Krise lebten sie aus Rücksicht auf andere oft isoliert und fühlten sich von Maßnahmen stark reglementiert.

Die Denker

Das zeichnet sie aus: Gut situiert, liberal, intellektuell - so werden die Denker beschrieben. Sie gelten als tolerante Weltverbesserer, welche die Pandemie einerseits als "heilsam" empfinden, zugleich aber auch als Unterbrechung in Bezug auf persönliche Beziehungen. Sie bemängeln unklare Krisenkommunikation und mangelnde Weitsicht, fühlen sich mit ihrer Denkweise aber oftmals alleine.

Die Genügsamen

Das zeichnet sie aus: Die Genügsamen verorten die Forscher in der bürgerlichen Mitte, mit intakten Familienverhältnissen und guter Bildung. Sie sind sehr auf ihre Work-Life-Balance bedacht und auf die eigene Familie fokussiert. Insgesamt sind sie gut durch die Pandemie gekommen, haben diese nicht als bedrohlich empfunden. Der Alltag wurde gut strukturiert und die Zeit für Sinnvolles genutzt-

Die Zuversichtlichen

Das zeichnet sie aus: Der Studie zufolge ist dieser Typus im besten Sinne des Wortes "gutbürgerlich". Herausforderungen sind für die Zuversichtlichen Chancen, weswegen sie sich in der Pandemie keine allzu großen Sorgen gemacht haben. Maßnahmen wurden mitgetragen. Die Krise hat für sie den Blick für das Wesentliche geschärft und neue Horizonte für den Alltag eröffnet.


Welcher "Corona-Typ" bin ich? Das können Sie mit dem im Zuge der Studie entwickelten "Pandemomat" testen: www.pandemomat.de

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