Studenten sind sauer: „Wir wollen mitreden!“

Von der Studiengebühr bis zum Semesterticket: 700 Studis demonstrieren für bessere Bildung – doch gerechnet hatten sie mit einer höheren Beteiligung.
MÜNCHEN Die Sonne strahlt, doch es haben sich weniger Teilnehmer motivieren lassen, als erwartet: 700 Studenten und Schüler sind gestern im Kampf für bessere Bildung durch die Stadt gezogen – angemeldet waren 1500. Der andauernde Bildungsstreik scheint viele kalt zu lassen. Oder es war ihnen zu heiß...
Die, die da sind, erheben ihre Stimmen umso lauter. Es geht um Studieninhalte und die Studiengebühren, das machen die Redner auf der Kundgebung klar. Zwei Nächte haben einige von ihnen bereits vor der Uni gecampt, bis Freitag wollen sie bleiben.
„Der Staat hat für die Grundversorgung an den Universitäten zu sorgen, nicht wir“, klagt Eva Blomberg von der Studierendenvertretung der LMU. Großen Applaus bekommt sie auch für eine weitere Forderung: „Wir wollen auf Augenhöhe mitdiskutieren und ernst genommen werden.“
Einer, der sie ernst nimmt, ist Philosophie-Professor Julian Nida-Rümelin, der vor kurzem bei der Wahl zum Unipräsidenten gescheitert ist (AZ berichtete). Er mahnt die Folgen einer selektiven Bildungspolitik an und warnt: „Wir laufen auf eine Spaltung der Gesellschaft zu.“ Er bleibt politisch. Mit Blick vor allem auf hochqualifizierte Frauen fordert er eine Umorientierung bei Betreuungsangeboten: „Der gesamte Bildungsbereich ab der Krippe muss auf Ganztageseinrichtungen umgestellt werden.“
Dann setzt sich die bunte Karawane in Bewegung, marschiert nach Norden und schert in die Hohenzollernstraße ein. Quer durch Schwabing geht’s zurück zur Uni.
Lehramtsstudent Fabian trägt ein Plakat mit der Aufschrift „Armer Student“. „Wenn ich höre, dass mit unseren Studiengebühren die Sekretärinnen oder Einrichtung bezahlt wird, kann ich es nicht fassen“, ärgert sich der 26-Jährige. „Mit dem Geld sollen lieber Veranstaltungen finanziert werden. Ich musste mein Studium um drei Semester verlängern, weil im Fach Geographie zu wenig angeboten wurde.“ Die Kosten trug die Mutter, „sonst hätt ich das nie gestemmt.“ Fabian hat fast zu Ende studiert, viele andere fangen gerade erst an.
Ein großes Thema unter ihnen ist das Projekt Semesterticket, das Ende Mai gescheitert ist. Viel gesprochen wird auch darüber, warum nicht mehr Leute mitdemonstrieren. Einer fasst zusammen: „Ist schon bitter, die dünne Beteiligung!“ V. Assmann