Studenten im Audimax: „Was machen die denn da drin?“
MÜNCHEN - Mehr als 300 Studenten haben am Mittwochabend den größten Hörsaal der Ludwig-Maximilians-Universität besetzt. Sie wollen die Studiengebühren abschaffen und mehr Mitsprache im Uni-Betrieb bekommen
Freie Bildung, freie Menschen.“ „Bessere Bildung!“ Überall hängen die Plakate und Poster im Lichthof der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) am Geschwister-Scholl-Platz. Auf dem Boden steht mit großen schwarzen Buchstaben das Wort „Streik“. Von irgendwoher kommt Musik. Mehr als 300 Münchner Studenten haben sich von den Protesten in Österreich inspirieren lassen. Die Universität wird bestreikt. Der Audimax, der größte Hörsaal der LMU, ist seit Mittwochabend von Studierenden besetzt.
Die Studenten machen den Eindruck, als seien sie vom Aufsehen um ihre eigene Aktion überrascht. Im Vergleich zu früheren Protesten, als Flugblatt-Aktionen an- und wieder im Sande verliefen, als man auf die Straße ging und vom Alltag schnell wieder eingeholt wurde, ist die Resonanz groß. Fernsehen und Zeitungen wollen über die Proteste berichten.
Was wollen die Studenten eigentlich? Bessere Berufs- und Zukunftschancen, natürlich. „Das Nähere sollen Arbeitsgruppen regeln“, sagt Julia Schmidt-Petersen vom „Presseteam“. Die Studenten versuchen, sich zu organisieren. „Inhalte, Verpflegung, Kommunikation mit der Hochschulleitung – alles ist dabei“.
Die Kommunikation laufe gut, sagt der 21-jährige Physikstudent Felix Münch (21). „Im Internet haben wir ein Netzwerk, mit dem wir Studenten mobilisieren wollen. Durch die Besetzung wollen wir uns endlich Gehör verschaffen. Die Aktionen in Österreich und an den anderen Unis in Deutschland zeigen, dass wir nicht alleine dastehen.“
Sie fordern Abschaffung der Studiengebühren, Reformen an den Bachelor- und Masterstudiengängen, mehr Mitspracherecht und mehr Gestaltungsfreiheit im Universitäts-Betrieb.
Im besetzten Audimax wird heftig diskutiert. Die Vorlesung, die um diese Zeit sonst immer stattfindet, ist ausgefallen. Es ist voll, aber nicht überfüllt. Neugierig stehen Kommilitonen am Geländer, hören den Rednern zu, applaudieren. Ob und wann Politiker kommen dürfen, wer wann als nächstes in der Rednerreihe dran ist – alles Gegenstand von Debatten.
Die Stimmung ist gemischt. Angst und Unsicherheit schwingen immer ein bisschen mit. Ihren Namen wollen nicht allzu viele verraten: „Wer weiß, wie sich die Dozenten verhalten und ob einem das nachher nicht angekreidet wird?“ Manche sind einfach desinteressiert oder verärgert. „Was ist jetzt mit meiner Vorlesung?“ regt sich eine Frustrierte auf. „Was machen die denn da drin?“, wundert sich ein anderer.
Die Uni-Leitung zeigt Verständnis, verzichtet auf Räumung und stellt sogar die Mikrofone. Auch ein Gespräch mit dem Präsidenten Bernd Huber hat es bereits gegeben. Wie lange soll die Besetzung noch dauern? „Bis unsere Forderungen erfüllt sind,“ sagt ein Studentensprecher. Kann also noch dauern.
Tobias Langenbach