Streng geheim: Stadtwerke fordern Maulkorb für Stadträte

Münchner Stadtwerke machen dicht und fordern jetzt ein Redeverbot für Politiker, die im Aufsichtsrat der Werke sitzen – die Empörung im Rathaus ist groß.
von  Abendzeitung
Sicher ist sicher: Stadträte bekommen jetzt einen Maulkorb verpasst.
Sicher ist sicher: Stadträte bekommen jetzt einen Maulkorb verpasst. © dpa

MÜNCHEN - Münchner Stadtwerke machen dicht und fordern jetzt ein Redeverbot für Politiker, die im Aufsichtsrat der Werke sitzen – die Empörung im Rathaus ist groß.

Die Stadtwerke wollen ihren Aufsichtsräten den Mund verbieten: Künftig sollen Politiker, die im obersten Kontrollgremium des Versorgers sitzen, den Stadtrat über Themen der Sitzungen nicht mehr unterrichten dürfen und die Fraktionen daher über deren Inhalte nicht mehr debattieren können.

Können die Stadtwerke München (SWM) – ein Betrieb im Besitz der Stadt – den Politikern, die sie kontrollieren sollen, so einfach einen Maulkorb verpassen? Eine strittige Frage, die die SWM jetzt durch ein Rechtsgutachten eines pensionierten Richters am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und eines Münchner Rechtsanwalts klären lassen wollten. Die Juristen kommen zum Schluss: Alle Aufsichtsratsmitglieder sind zum Stillschweigen gegenüber Rats- und Fraktionsmitgliedern verpflichtet.

Nichts soll mehr ausgeplaudert werden dürfen

Ein schwieriges Unterfangen: Denn dem Aufsichtsrat gehören neben OB Ude, Kämmerer Wolowicz und Umweltreferent Lorenz auch Vertreter der SPD, CSU und Grünen an. Dass diese nichts Vertrauliches ausplaudern dürfen, ist klar. Dass diese aber auch in demokratisch legitimierten und zu Verschwiegenheit verpflichteten Gremien über die Stadtwerke debattieren dürfen, war bisher auch klar.

Letzteres finden Gesetzgeber und Bundesgerichtshof auch völlig in Ordnung: „Aufsichtratsmitglieder, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft (z. B. des Stadtrats, d. Red.) in den Aufsichtsrat gewählt worden sind, unterliegen keiner Verschwiegenheitspflicht“, stellt selbst das Gutachten fest. Diese Vorschriften gelten auf jeden Fall für Aktiengesellschaften. Ob sie für eine GmbH wie die Stadtwerke gelten, ist „heftig umstritten“, wie der Gutachter einräumt. Seine Schlussfolgerung: GmbH-Aufsichtsräte bekommen einen Maulkorb.

"Man muss sich doch austauschen"

Im Rathaus herrscht darüber helle Aufregung: „Am Grundsatz der Vertraulichkeit sollte man nicht rütteln“, sagt SPD-Fraktionschef Alexander Reissl. „Aber ich habe meine Zweifel, ob das so praktikabel ist, man muss sich ja austauschen.“ CSU-Fraktionschef Seppi Schmid findet deutlichere Worte: „Damit soll der Stadtrat mundtot gemacht werden.“ Und fordert mehr Kontrolle: „Die Stadtwerke müssen sich auch Kritik von Stadträten gefallen lassen.“

„Kontroverse Themen aus dem Aufsichtsrat sollte man weiterhin in der Fraktion besprechen dürfen“, fordert auch Grünen-Aufsichtsrat Sabine Krieger. FDP-Fraktionsschef Michael Mattar hat massive Zweifel an der rechtlichen Zulässigkeit und will den Vorstoß der Stadtwerke morgen im Ältestenrat diskutieren lassen. Er wäre durch ein Redeverbot von allen Informationen aus dem Kontrollgremium, dem er selbst nicht abgehört, abgeschnitten.

Die Stadtwerke haben angekündigt, in Kürze zu dem von ihnen in Auftrag gegebenen Gutachten Stellung zu beziehen.

Georg Thanscheidt

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