Streitpunkt Körpergröße: Ist 1,64 Meter zu klein für den Polizeidienst?

Wie groß ist groß genug? Derzeit gilt als Einstellungskriterium für zukünftige Polizistinnen in Bayern eine Körpergröße von mindestens 1,65 Metern. Über das "Gardemaß" für Polizistinnen streitet der bayerische Landtag seit Jahren. Jetzt zeichnet sich ein Kompromiss ab.
von  Abendzeitung
Tausende Menschen feiern ausgelassen im Bierzelt, keiner denkt an eine Bedrohung – doch in einem neuen Roman endet die Wiesn in einer Katastrophe
Tausende Menschen feiern ausgelassen im Bierzelt, keiner denkt an eine Bedrohung – doch in einem neuen Roman endet die Wiesn in einer Katastrophe © dpa

MÜNCHEN - Wie groß ist groß genug? Derzeit gilt als Einstellungskriterium für zukünftige Polizistinnen in Bayern eine Körpergröße von mindestens 1,65 Metern. Über das "Gardemaß" für Polizistinnen streitet der bayerische Landtag seit Jahren. Jetzt zeichnet sich ein Kompromiss ab.

Traumberuf Polizistin: Für Ina B. (Name von der Redaktion geändert) war das schon immer ihr größter Wunsch. Am 25.März 2009 kam die 22-Jährige zum Einstellungstest bei der bayerischen Polizei. Die Grundfähigkeitsprüfung und das Fach Deutsch hatte sie schon bestanden. Als nächstes war die Sportprüfung an der Reihe. Als sich die aktive Handballspielerin und ihre Mitbewerberin umgezogen hatten, wurden sie zum Arzt geschickt – der sollte ihre Körpergröße messen. Ina B. brachte es auf 1,64 Meter - und wurde sofort heim geschickt. „Sie wachsen nicht mehr“, beschied der Arzt. Bei ihrer Mitbewerberin zeigte das Metermaß einen halben Zentimeter mehr. Sie durfte weitermachen.

„Sollte mein Traum von der Polizei an einem halben Zentimeter scheitern“, reichte Ina B. jetzt eine Petition beim bayerischen Landtag ein. Dort wird seit Jahren um das „Gardemaß“ für Polizistinnen in Freistaat gestritten. Jetzt aber zeichnet sich eine Kompromisslösung ab.

Derzeit gilt in Bayern eine Körpergröße von 1,65 Meter als striktes Einstellungskriterium. Die hatte das Innenministerium schon einmal auf 1,62 Meter abgesenkt. Mit unerwarteten Folgen. 40 Prozent der Polizeistellen wurden plötzlich von Polizistinnen besetzt. Um die Frauenwelle einzudämmen, schrieb man wieder 1,65 Meter vor. Das Innenministerium argumentierte: Kleine Frauen hätten kleiner Hände und deshalb Probleme, die Dienstwaffe sicher zu benutzen. „Unsinn“, konterte Bernhard Pohl von den Freien Wählern gestern im Landtagsausschuss für den öffentlichen Dienst und führte Biathlon–Olympiasiegerin Uschi Disl als Gegenbeweis an: „Die ist 153 Zentimeter und bei der Bundeswehr.“

Weg mit der Körpergröße als Einstellungskriterium, das haben die Grünen beantragt. Sie werfen der Staatsregierung vor, mit der derzeitigen Praxis Frauen zu diskriminieren. Während junge Männer in Deutschland durchschnittlich 181 groß sind, ist fast jede zweite Frau kleiner als 1,65 Meter. Bei den Männern dagegen sind nur drei Prozent zu kurz für das bayerische „Gardemaß“.

„Für die Befähigung in den Polizeidienst sind viele Eigenschaften erforderlich“, ist Thomas Mütze (Grüne) überzeugt. Natürlich sei auch die körperliche Fitness wichtig. Über die Körpergröße aber müsse von Fall zu Fall entschieden werden.

Die SPD dagegen fordert eine Senkung der Einstellungsgröße auf 1,60 Meter. So wie in Rheinland-Pfalz. Ausschuss-Vize Stefan Schuster (SPD): Die vielen Frauen, die Polizistinnen werden wollen und sich mit Petitionen an uns wenden, sind meistens nur 1,64 Meter oder 1,63 Meter groß.“

Die CSU lenkt inzwischen ein. Ihr Kompromiss-Vorschlag: Künftig sollen Ausnahmeregelungen bis 1,60 Meter im Einzelfall gemacht werden.

So wird vielleicht doch noch ein Traum für die sportliche Ina B. war. Der Landtag nahm sich gestern ihrer Petition an. Die Ausschuss-Vorsitzende Ingrid Heckner: „ Diese junge Frau muss so behandelt werden, als ob sie 1,65 Meter groß wäre.“

Angela Böhm

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.