Streit um Zirkustiere beschäftigt Verwaltungsgerichtshof

München – Elefanten mit bunten Hütchen stellen sich zur Polonaise auf, possierliche Robben spielen mit einem Ball, Tiger springen durch Reifen, das Publikum applaudiert - und Tierschützer sind entsetzt. Ob exotische Tiere in den Zirkus gehören, daran scheiden sich die Geister.
Weil es kein bundesweites Verbot gibt, beschäftigen Streitfälle über Zirkustiere inzwischen auch immer wieder die Justiz. Da zahlreiche Kommunen keinen Zirkus mit exotischen Tieren wollen, Zirkuseigentümer darin aber eine Art Berufsverbot für Dompteure sehen, treffen sich die Parteien vor Gericht.
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So auch in dieser Woche vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof: Dort kämpft ein Zirkus am Mittwoch (27. April) darum, mit seinen Tieren in Erding bei München auftreten zu dürfen.
65 Prozent der Deutschen gegen Wildtiere im Zirkus
Nachdem einige Grundschüler es nicht ertragen konnten, bei einem anderen Zirkus angekettete Tiere zu sehen und dies dem Bürgermeister bei einem Besuch im Rathaus vortrugen, hatte der Stadtrat 2013 ein Verbot von Zirkussen mit Wildtieren auf kommunalen Plätzen beschlossen. Dieses Verbot wurde dem Zirkus vorgehalten und 2014 in erster Instanz gerichtlich bestätigt - doch der Zirkus legte Rechtsmittel gegen das Urteil ein.
Erst in der vergangenen Woche hatte eben jener Gerichtshof schon die Beschlagnahmung des Zirkusbären Ben im niederbayerischen Plattling bestätigt. Weil es Verstöße gegen das Tierschutzrecht gegeben haben soll, bekommt der Zirkus den 22 Jahre alten Braunbären nicht zurück.
Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge finden 65 Prozent der Menschen in Deutschland die Haltung exotischer Tiere in einem Zirkus nicht in Ordnung. Hessen, Thüringen, Saarland, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz haben im Bundesrat eine entsprechende Gesetzesinitiative gestartet, ob die allerdings erfolgreich sein wird, ist unklar.
"Deutschland hinkt da hinterher", sagt die Sprecherin des Tierschutzbundes, Lea Schmitz. Nachbarländer wie Österreich, die Niederlande und Belgien seien da beispielsweise viel weiter und hätten Zirkusbetriebe mit Wildtieren verboten. In einem Großteil der EU-Länder gebe es Verbote oder zumindest Einschränkungen. Dass nun wenigstens Kommunen versuchten, Verbote durchzusetzen, begrüßte sie zwar. "Aber das reicht nicht."
Der Zirkus ist der meistkontrollierte Tierhalterbetrieb
Es sei nicht möglich, Tiere in einem Zirkus und unter ständigen Transportbedingungen artgerecht zu halten und die Kunststückchen, die sie zur Unterhaltung des Publikums vorführen, habe mit artgerechter Haltung auch nichts zu tun. "Tiger springen nicht durch brennende Reifen und Elefanten machen keinen Kopfstand", sagt Schmitz. "Das Tier wird zum Clown degradiert."
Ganz anders sieht die Debatte natürlich der vielleicht berühmteste Zirkus Deutschlands, der Münchner Circus Krone. "Tierschutz ist natürlich immer ein sehr schönes Thema für Politiker, die auf Wählerfang gehen wollen", sagt Sprecher Frank Keller.
Dabei könne man selten überhaupt von Wildtieren reden. "Die Zeiten, in denen man mit dem Lasso nach Afrika gefahren ist und einen Löwen eingefangen hat, sind ja lange vorbei." Die Löwen im Circus Krone seien inzwischen in 19. Generation "in menschlicher Obhut groß und vor allem alt geworden" - viel älter, als das in ihrem natürlichen Umfeld möglich sei. Zwei Löwinnen seien inzwischen 24 und 26 Jahre alt. "In der freien Wildbahn werden die vielleicht 10 oder 12."
Nirgendwo, so sagt Keller, gelten so strenge Tierschutz-Regelungen wie für den Zirkus: "Wir sind der meistkontrollierte Tierhalterbetrieb überhaupt. Kein Rinder-, Schweine- oder Hühnerhalter wird so oft kontrolliert wie der Zirkus."
Auch der Circus Krone hat bereits Prozesse geführt gegen Kommunen, die ihn nicht haben wollten. "In Chemnitz und Darmstadt haben wir erfolgreich gegen die Verbote geklagt", sagt Keller. Es gehe schließlich um die Berufsfreiheit. "Aber es ist natürlich nicht erfreulich, gegen eine Stadt zu klagen, in der man eigentlich zu Gast sein möchte."