Streit um SEM-Protest: Ex-Bürgermeister Schmid schießt scharf gegen die Stadt

Der Petitionsausschuss im Landtag unterstützt den SEM-Protest. Schmid: "Das ist Sozialismus."
von  Gaby Mühlthaler
Josef Schmid (CSU), Mitglied der Fraktion im bayerischen Landtag, spricht bei der Plenarsitzung.
Josef Schmid (CSU), Mitglied der Fraktion im bayerischen Landtag, spricht bei der Plenarsitzung. © Mirgeler/dpa

München - Die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM), die der Stadtrat für die Bereiche um den Ortskern Feldmoching (SEM Nord) und den Bereich zwischen Daglfing, Johanneskirchen und Stadtgrenze (SEM Nordost) ausgewiesen hat, stößt auf heftige Kritik. Nun bekommen die Gegner Rückenwind aus dem Landtag. Doch die Stadt bleibt bei ihrer Position.

Wie berichtet, soll im Nordosten eine Siedlung für bis zu 30.000 Menschen entstehen, dazu 10.000 Arbeitsplätze. Bisher wird das Gebiet vorwiegend landwirtschaftlich und für den Pferdesport genutzt. Mit dem Instrument SEM kann die Stadt Grundbesitzer, die nicht verkaufen wollen, einfach enteignen, was laut OB Dieter Reiter (SPD) aber nur das allerletzte Mittel ist.

SEM: Initiative "Heimatboden" vertritt Interessen der Landwirte

Jetzt lud der Bogenhauser Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper (CSU) zum Gespräch über die SEM ein. Mit dabei die Vertreter der Initiative "Heimatboden" und deren Anwalt Benno Ziegler, welche die Interessen der Landwirte vertreten sowie der Landtagsabgeordnete und einstiger zweiter Bürgermeister Josef Schmid (CSU) als Berichterstatter des Petitionsausschusses.

2018 hatte Heimatboden eine Petition eingereicht "mit dem Ziel von Verhandlungen mit der Stadt auf Augenhöhe", so Ziegler. Den Grundeignern nur Ackerlandpreise zu zahlen, komme einer Enteignung gleich. Dies sah laut Josef Schmid auch der Petitionsausschuss so: "Was ist der Grund da wert? 35 Euro für Ackerland?" Mit großer Mehrheit habe der Petitionsausschuss das Heimatboden-Anliegen - es handle sich um Bauerwartungsland - übernommen.

Ex-Bürgermeister Josef Schmid: "Das ist der Einzug des Sozialismus durch die Hintertür"

Rechtliche Konsequenzen hat das aber nicht und das städtische Planungsreferat widerspricht auf AZ-Anfrage - die SEM-Flächen seien kein Bauerwartungsland. Der Petitionsausschuss habe auf Basis der Stellungnahme der Staatsregierung die Petition als erledigt erklärt. Zudem gelte es, den Gerichtsentscheid zur SEM in Freiburg zu berücksichtigen. Dort hatte der Verwaltungsgerichtshof die Normenkontrollklage dreier Landwirte verworfen.

Für Johann Oberfranz von Heimatboden ist die SEM "eine Katastrophe. Unser Betriebsvermögen - die Gründe - sind eingefroren. Ich bin Landwirt und will es bleiben, der Nachwuchs auch." Müsse er zum Ackerpreis verkaufen, könne er davon keine neue Landwirt-Existenz aufbauen, egal wo. Josef Schmid findet: "Das ist der Einzug des Sozialismus durch die Hintertür."

"Es erschreckt mich immer wieder, wie die Verwaltung mit den Bürgern umgeht", so Robert Brannekämper. Nun stehe sogar der Bahntunnel zwischen Daglfing und Johanneskirchen zur Disposition, ohne den die Stadt bisher eine Bebauung ausgeschlossen habe. Man habe das sogar finanzieren wollen, da die Bahn den viergleisigen Ausbau nur oberirdisch zahle.

"Heimatboden"-Anwalt spricht von "extremen Kommunikationspannen"

"Will man dem Stadtrat und der Verwaltung noch was glauben? Jetzt will man der Bahn den Schwarzen Peter zuschieben und das eherne Versprechen aufkündigen!", so Brannekämper.

Das städtische Planungsreferat jedoch teilt mit, der viergleisige Ausbau der Bahntrasse könne laut Stadtratsbeschluss nur im Tunnel erfolgen. Es sei entscheidend, dass Tunnel und Finanzierung gesichert seien, ehe die Bebauung im Nordosten beginne.

Laut "Heimatboden"-Anwalt Benno Ziegler hat es in der Vergangenheit "extreme Kommunikationspannen" gegeben, im Rahmen des Brenner-Basistunnels werde die Bahn Fakten schaffen. "Dem Bezirksausschuss hat das Planungsreferat geschrieben, man könne schon vor dem Tunnel- mit dem Wohnbau beginnen"., sagt Ziegler.

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