Streit um schwulen Papst

Die juristische Auseinandersetzung um das schwule „Papamobil“ beim Christopher Street Day 2006 geht drei Jahre später in eine neue Runde - der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat jetzt eine Berufung zugelassen.
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Der Papst mal ganz anders: Geschminkt, mit gefärbter Haarpracht und Kondomen.
az Der Papst mal ganz anders: Geschminkt, mit gefärbter Haarpracht und Kondomen.

MÜNCHEN - Die juristische Auseinandersetzung um das schwule „Papamobil“ beim Christopher Street Day 2006 geht drei Jahre später in eine neue Runde - der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat jetzt eine Berufung zugelassen.

Das Plakat zeigt den Papst – grell geschminkt und mit einem Kondom über dem abgespreizten kleinen Finger. Mittlerweile steht es beim Deutsche-Eiche-Chef Dietmar Holzapfel im Keller. Aber vor drei Jahren, da rollte es beim Christopher-Street-Day nebst Papst-Puppe und anderen Protest-Accessoires auf einem „Papamobil“ durch die Stadt. Bis die Polizei den schwulen Papst konfiszierte. Danach begann ein bizarrer Rechtsstreit. Und der scheint jetzt erst richtig loszugehen: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat eine Berufung zugelassen.

Rückblick: Ausgerechnet ein Piusbruder soll den Polizeieinsatz 2006 ausgelöst haben. Er erspähte das „Papamobil“ und schlug Alarm. „Ich werde den Moment, als plötzlich die ganzen Polizisten um uns standen, nie vergessen“, sagt Holzapfel. Später habe er den Zeugenbericht des Prälaten gelesen, in dem es wortwörtlich geheißen habe: „Würde statt des Papstes Allahs Prophet derart an den Pranger gestellt, und ich wäre Moslem, ich würde mir jetzt sofort die nächste Bombe besorgen!“

War der Einsatz gegen das schwule Papamobil rechtmäßig?

Ein Ermittlungsverfahren gegen Holzapfel wurde zwar eingestellt. Doch der drehte den Spieß um und brachte mit anwaltlicher Hilfe ein juristisches Ungetüm namens „Fortsetzungsfeststellungsklage“ auf den Weg. Im Klartext: Er wollte von einem Gericht wissen, ob der Einsatz gegen das schwule Papamobil rechtmäßig war. „Es ist Bürgerpflicht, sich zu wehren, wenn etwas nicht in Ordnung ist.“

Er argumentiert, dass seine Grundrechte auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit sowie auf Kunst- und Religionsfreiheit verletzt wurden.

Der nächste CSD-Wagen ist schon in Planung

Im März 2008 kam das Ganze vor Gericht. „Wir sind ratlos“, gab der Richter zu – und wies die Klage ab. Doch Holzapfel, der selbst Theologie studiert hat, gab nicht auf. Er stellte einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof – mit Erfolg. Die polizeiliche Maßnahme bedürfe „wegen der mit ihr verbundenen Eingriffe in Grundrechtspositionen des Klägers einer umfassenden Prüfung durch das Berufungsgericht“, befand der 10. Senat. „Ich werte das als Erfolg“, sagt der Deutsche-Eiche-Chef.

Jetzt bereitet sein Anwalt die Berufung vor – und Holzapfel rüstet sich schon für den CSD 2009. Diesmal wollen sich die Gestalter des Wagens nicht nur die katholische Kirche vorknöpfen: „Es gibt acht islamische Länder, in denen die Todesstrafe auf Homosexualität steht.“

Julia Lenders

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