Streit um Laura Dornheim: Sie wird heute nicht zur IT-Referentin gewählt

München - Erst am Dienstagmorgen ist Laura Dornheim mit dem Zug von Berlin nach München gereist. "Mir geht's super", sagte sie am Telefon. "Wir sind mit der ganzen Familie unterwegs." Sogar ihr Vater sei dabei, um zu verfolgen, wie der Stadtrat sie am heutigen Mittwoch zur neuen IT-Referentin wählt.
Auch die Wahl von Jeanne-Marie Ehbauer als neue Baureferentin wird verschoben
Kurz nachdem sie am Münchner Hauptbahnhof aussteigt, steht fest: Familie Dornheim hat die Reise umsonst gemacht. Die Wahl ist abgesetzt. Auch die Wahl von Jeanne-Marie Ehbauer als neue Baureferentin, die ebenfalls heute hätte stattfinden sollen, ist verschoben.
Mehrere Krankheitsfälle seien der Grund dafür, schildert Grünen-Fraktionschef Dominik Krause. Mindestens zwei Grünen-Stadträte können laut ihm auf jeden Fall nicht zu der Sitzung erscheinen, weil sie an Corona erkrankt seien. Ein dritter warte auf seinen Test. Ein weiterer Stadtrat habe sich beim Bergsteigen verletzt.
Beide Wunsch-Kandidatinnen haben ein Grünen-Parteibuch
Die Grünen wollten es nicht riskieren, dass noch mehr Corona-Fälle dazukommen und dass am Ende ihre Mehrheit bröckelt, so erklärt Krause die kurzfristige Absage. Denn die Referenten sind zwar Spitzenbeamte in der Stadtverwaltung. Allerdings werden sie vom Stadtrat gewählt.
Grüne und SPD, die gemeinsam die Mehrheit bilden, einigten sich zuvor auf Laura Dornheim als IT-Referentin und auf Jeanne-Marie Ehbauer als neue Baureferentin. In beiden Fällen durften die Grünen laut der Koalitionsvereinbarung einen Vorschlag machen. Beide Wunsch-Kandidatinnen haben ein Grünen-Parteibuch.
Doch vor allem die Wahl von Laura Dornheim gilt als umstritten. Die 38-Jährige war vergangenen Herbst Bundestagskandidatin der Grünen. Sie ist seit 2004 Parteimitglied. Sie hat Wirtschaftsinformatik studiert, einen Doktor in Gender Studies gemacht und arbeitet nun als Managerin in einem Tech-Start-up.
CSU will Dornheim-Personalie nicht unterstützen
Die CSU betont, dass sich Kandidaten beworben hätten, die deutlich kompetenter seien als die 38-Jährige. "Wir werden ihre Wahl nicht unterstützen", kündigte CSU-Stadträtin Sabine Bär an. "Die Digitalisierung der Stadt München darf nicht an einer Parteibuch-Besetzung scheitern."
Unter anderem hat sich ein Siemens-Manager für die Stelle interessiert. In seiner Bewerbung gibt er an, dass er für über 2.000 Mitarbeiter verantwortlich gewesen sei und ein Budget von 900 Millionen Euro verwaltet habe. Dornheims Team zählte 30 Mitarbeiter.
Dass sie mit Ende 30 auf keine jahrzehntelange Berufserfahrung zurückblicken kann, leugnet Dornheim nicht. "Dafür kann ich aus der Start-up-Branche aktuellere und fortschrittliche Impulse mitbringen", entgegnet sie. Und gerade für eine Behörde wie das IT-Referat, das vieles anders machen will, sei das doch wichtiger als eine lange Karriere in einem traditionellen Konzern, so Dornheim.
Dornheim will Digitalisierung an Schulen vorantreiben
Ihr Ziel ist vor allem, allen Menschen in München unabhängig von Alter oder Einkommen digitale Teilhabe zu ermöglichen. So schildert sie es am Telefon. Eine Idee habe sie sich mit der neuen Chefin des Kreisverwaltungsreferates Hanna Sammüller-Gradl ausgedacht, die auch Grünen-Mitglied ist und die am Freitag ihren Job anfängt: Um Menschen an die Online-Terminvergabe zu gewöhnen, zum Beispiel, wenn sie einen neuen Pass brauchen, wollen sie Service-Terminals im KVR aufstellen. Dort soll ein Mitarbeiter helfen, online den Termin zu vereinbaren, sodass es die Person beim nächsten Mal alleine schafft. So sollen die Schlangen vor dem KVR kürzer werden.
Auch die Digitalisierung an den Schulen und die Entwicklung einer München App will Dornheim vorantreiben. Mit ihr soll es möglich sein, alle Tickets vom Tierpark bis zur U-Bahn zu buchen. Der Stadtrat beschloss die App bereits.
Grünen-Chef Krause betont, dass Dornheim sowohl mit ihrer beruflichen Erfahrung als auch mit ihrer politischen Ausrichtung gepunktet habe. Zum Beispiel will Dornheim mit Open Source Software, die frei im Internet verfügbar ist, arbeiten. Die SPD-Fraktion, so betont es deren Chef Christian Müller, stehe hinter dem Vorschlag ihres Koalitionspartners.
Dornheim geht es am Nachmittag, als die AZ noch mal anruft, trotzdem nicht mehr so prickelnd wie am Vormittag. Eigentlich wollte sie am Mittwoch an ihrem neuen Arbeitsplatz, dem IT-Referat, vorbeischauen, erzählt sie. Mindestens einen Monat muss sie nun warten, bis sie es als neue Chefin besuchen kann.