Streik! "Ungeschriebenes Wiesn-Gesetz gebrochen"

In Bayern sind am Freitagmorgen erneut Bus-, Tram- und U-Bahnlinien wegen eines Streiks ausgefallen. Die Gewerkschaften erklären, sie hätten keine Wahl gehabt. Die kurzfristige Ankündigung sorgt für Ärger – ebenso wie der Zeitpunkt des Streiks, nämlich mitten in der Wiesn-Zeit.
von  Abendzeitung
Gedränge in der U-Bahn - ein alltägliches Bild in München
Gedränge in der U-Bahn - ein alltägliches Bild in München © Petra Schramek

MÜNCHEN - In Bayern sind am Freitagmorgen erneut Bus-, Tram- und U-Bahnlinien wegen eines Streiks ausgefallen. Die Gewerkschaften erklären, sie hätten keine Wahl gehabt. Die kurzfristige Ankündigung sorgt für Ärger – ebenso wie der Zeitpunkt des Streiks, nämlich mitten in der Wiesn-Zeit.

Angestellte des öffentlichen Nahverkehrs in Bayern sind am Freitag überraschend erneut in Streik getreten – lange Verzögerungen gab es aber zunächst nicht. „Der Ball liegt bei den Arbeitgebern, die Kollegen sind richtig empört“, sagte die Sprecherin der dbb Tarifunion, Cornelia Krüger, am Morgen der Nachrichtenagentur dpa. Ein festgelegtes Ende des Streiks gebe es nicht: „Wir sprechen hier über einen offenen Zeitpunkt.“ Der Streik war nicht angekündigt.

Den Angaben zufolge legten Angestellte in Nürnberg, Augsburg, Fürth, Erlangen und besonders der Oktoberfest-Stadt München die Arbeit von 4.00 Uhr an nieder, also Fahrer, Kontrolleure und Servicepersonal. Der Streik wird laut Krüger beendet, wenn die Arbeitgeber Tarifgespräche mit dem Deutschen Beamtenbund (dbb Tarifunion) und der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GdL) aufnehmen.

Der DBB vertritt rund 1000 der 6500 Beschäftigten im kommunalen Nahverkehr Bayerns. Anders als die Gewerkschaft Verdi hatte sich der DBB zuvor nicht mit den Arbeitgebern auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt und die Verhandlungen für gescheitert erklärt.

Nach Auskunft der Verkehrsgesellschaften in München und Nürnberg zeigte der Streik am Freitag zwar Wirkung, das große Chaos blieb aber zunächst aus. Alle Linien werden bedient, in der Regel kommt alle 10 Minuten ein Zug.

Die Auswirkungen in München im Detail:

Die folgenden Angaben beruhen auf Auskünften der MVG:
U-Bahn:
Alle Linien werden bedient, in der Regel kommt alle 10 Minuten ein Zug.
Tram:
Lediglich die Verstärkerlinien 16 und 21 werden nicht bedient; auf der Linie 12 hat die MVG einen Schienenersatzverkehr mit Bussen zwischen Romanplatz und Rotkreuzplatz sowie zwischen Scheidplatz und Kurfürstenplatz eingerichtet. Zwischen Kurfürstenplatz und Rotkreuzplatz können Fahrgäste den MetroBus 53 nutzen. Alle anderen Linien verkehren weitgehend regulär.
Bus:
Es kommt zu einzelnen Ausfällen bzw. Verspätungen.

Entspannter gestaltete sich die Situation in Nürnberg. Auf den sechs Straßenbahn- und 75 Buslinien fielen einzelne Fahrzeuge aus, teilte die Nürnberger Verkehrs- und Aktiengesellschaft (VAG) mit. Die Fahrgäste müssten sich aber auf längere Wartezeiten einstellen. Der VAG-Vorstand Personal, Karl-Heinz Pöverlein, griff die Gewerkschaften an, weil sie ohne Warnung streikten. „Es gab keine Anzeichen für einen Streik in Nürnberg, nicht einmal Gerüchte. Es sind nicht nachvollziehbare Methoden, die wir aufs Schärfste verurteilen“, sagte er laut der Homepage der VAG.

MVG-Chef Herbert König kritisierte, dass die Gewerkschaften ein ungeschriebenes Wiesn-Gesetz brächen. „Eine der kleinsten Gewerkschaften bestreikt in Zusammenarbeit mit der DBB Tarifunion das größte Volksfest der Welt“, sagte er laut Mitteilung. Das Kalkül sei klar: Die GDL wolle mit möglichst wenig Einsatz möglichst viel Betroffenheit erzeugen.

Die Kritik daran, dass der Streik ausgerechnet zur Wiesn-Zeit in München stattfindet, wies DBB-Sprecherin Krüger indes zurück: „Wir wollten das gerne vermeiden und auch die Fahrgäste schonen bei dieser ganzen Aktion. Aber es lässt sich nun mal kein Streik organisieren, wovon nur die Arbeitgeber betroffen sind.“ Ähnlich äußerte sich DBB- Verhandlungsführer Willi Russ laut Mitteilung: „Wir haben die Arbeitgeber immer wieder aufgefordert, Gespräche mit uns aufzunehmen. Nun bleibt uns keine andere Wahl.“

Es werde so lange gestreikt, "bis die Arbeitgeber an den Tisch kommen", kündigte Russ, am Freitag im Bayerischen Rundfunk an. Dass erstmals während des Oktoberfests gestreikt werde, verteidigte Russ. "Wir haben das immer versucht zu vermeiden, aber die Hartleibigkeit der Arbeitgeber hat uns jetzt dazu gezwungen." Russ fügte hinzu: "Der Arbeitgeber hat in den letzten Wochen überhaupt nicht gemerkt, wie ernst es uns ist. Er hat uns verhöhnt. Und deshalb ist das die Reaktion."

dpa

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