Streik trifft Flughafen: So ist die Lage in München

München - Wer in oder von Deutschland aus reisen möchte, hat es dieser Tage nicht leicht. Gerade als die Dauerstreithähne GDL und Deutsche Bahn sich auf eine Friedenspflicht während der Verhandlungen bis zum 3. März geeinigt haben, kommt die nächste Belastungsprobe - diesmal für den Luftverkehr. Am Flughafen München fällt am Mittwoch wegen des Warnstreiks des Lufthansa-Bodenpersonals mehr als die Hälfte aller Flüge aus. Von normalerweise rund 730 Flugbewegungen aller Gesellschaften seien gut 400 Starts und Landungen betroffen, teilte der Flughafen mit.
Bereits vergangenen Donnerstag rief Verdi an mehreren deutschen Flughäfen Sicherheitskräfte zum ganztägigen Arbeitskampf auf. Bloß Bayern blieb verschont, weil noch ein Tarifvertrag bis Ende diesen Jahres läuft. Der Warnstreik begann heute ab vier Uhr morgens. Betroffen sind diesmal neben Frankfurt, Hamburg, Berlin und Düsseldorf auch München. Das Bodenpersonal der Lufthansa legt die Arbeit für 27 Stunden nieder. "Wir gehen davon aus, dass nahezu keine Lufthansa-Flüge stattfinden werden", sagte ein Sprecher von Verdi Bayern der AZ. Allein in München waren für Mittwoch rund 400 Lufthansa-Flüge angedacht. Insgesamt sollen zehn bis 20 Prozent der ursprünglich geplanten Reisen stattfinden. Der Flughafen München teilte der AZ mit, dass auch Flüge abseits von Lufthansa betroffen sein könnten. Die durch den Streik entstehenden Kosten konnte die Lufthansa auf Nachfrage der AZ noch nicht beziffern. Priorität hätte zunächst, einen Flugplan für die Kunden auf die Beine zu stellen.
Streik am Flughafen München: Verdi nennt das erste Lufthansa-Angebot "unzureichend"
Die Verhandlungen zwischen Lufthansa und Verdi laufen noch. Doch die Gewerkschaft will mit einem Warnstreik nun den Druck vor dem nächsten Verhandlungstermin am 12. Februar erhöhen. Denn: Die Fluggesellschaft hatte Verdi zufolge ein unzureichendes und spalterisches Angebot vorgelegt. Dieses umfasse insgesamt 13 Prozent "Erhöhung von Vergütung und Zusatzleistungen" in den nächsten drei Jahren sowie eine zweistufige Inflationsausgleichsprämie von 2000 beziehungsweise 3000 Euro, sagt Michael Niggemann, Personalvorstand und Arbeitsdirektor der Deutschen Lufthansa AG.
"Unzureichend" ist laut Verdi die lange Laufzeit und die ersten acht Monate ohne Vergütungsentwicklung. Und "spalterisch" seien die unterschiedlich hohen Inflationsausgleichsprämien für die Beschäftigten. Die Gewerkschaft fordert eigentlich eine Lohnerhöhung um 12,5 Prozent (aber mindestens 500 Euro) über zwölf Monate hinweg, eine einheitliche Inflationsausgleichsprämie (3000 Euro) und bessere Bedingungen für die Schichtarbeit. Die Höhe der Forderungen leite sich vor allem aus der Teuerung ab, sagt ein Sprecher von Verdi Bayern. "Die meisten Beschäftigten sind in Ballungsgebieten ansässig, da merkt man die Preissteigerung besonders."
Neben höherem Lohn gehe es aber auch um eine Entlastung des Personals. "Es gibt Flughäfen, die sind chronisch unterbesetzt", sagt der Gewerkschaftssprecher. Das gelte auch für München. Und mache sich nicht nur in der Arbeitsbelastung, sondern auch in der Personalsuche bemerkbar: "Liegen schlechte Arbeitsbedingungen oder ein unattraktives Gehalt vor, kommen weniger Menschen." Und auch die aktuellen Mitarbeiter könnten im Zweifel gehen. Der Sprecher warnt vor einer Abwärtsspirale aus steigender Arbeitsbelastung und vermehrter Krankheit.
Verdi will in München auch zu Ferienzeiten streiken: "An uns liegt es nicht"
Die Lufthansa bewertet die Situation anders: Sie hält ihre Tarifkonditionen für "sehr attraktiv", wie das Unternehmen der AZ mitteilt. "So konnten in den vergangenen 18 Monaten über 20.000 neue Mitarbeitende in der Lufthansa Group eingestellt werden." Dabei handelt es sich jedoch um weltweite Zahlen, die sich nicht speziell auf das Bodenpersonal beziehen, sondern auf die Anzahl der neu eingestellten Beschäftigten insgesamt. Angesichts des nun anstehenden Arbeitskampfes ärgert sich Lufthansa-Personalvorstand Niggemann über Verdis fehlende Verantwortungsübernahme für "gute und zukunftsfähige Arbeitsplätze". "Noch vor Beginn der eigentlichen Verhandlungen hat die Gewerkschaft einen Warnstreik angekündigt, der unsere Gäste und Mitarbeitenden unverhältnismäßig belastet", sagt er.
Verdi erhofft sich davon, dass die "Blockadehaltung" weniger werde. "Ansonsten müssen wir in weitere Arbeitskampfmaßnahmen gehen", droht der bayerische Verdi-Sprecher. Auch mehrtägige Streiks kämen in Frage. Womöglich auch zu Ferienzeiten. "Wir hoffen auf das Verständnis der Fluggäste", sagt der Verdi-Sprecher weiter. "Einige beschweren sich natürlich bei uns, aber an uns liegt es nicht. Geht die Lufthansa auf uns zu, sind wir sofort bei einem guten Angebot bereit, das Ganze auch beizulegen."