München bisher von Streik-Chaos verschont: Doch ab Donnerstag droht neuer Ärger

München - Mostafa Yaser lehnt an seinem Taxi in der Bayerstraße und trinkt genüsslich einen Schluck Kaffee aus einem Pappbecher – den genehmigt er sich jetzt, nachdem sein Arbeitstag bisher ganz anders verlief, als er es sich gewünscht hätte: "Überall ist Stau. Aber sonst fühlt es sich an, wie ein ganz normaler Arbeitstag. Ich merke keinen Unterschied."

Es ist der erste Tag des sechstägigen Streiks, zu dem die Gewerkschaft deutscher Lokomotivführer (GDL) aufgerufen hatte – und viele Münchner haben sich offenbar dazu entschieden, aufs Auto auszuweichen. Die Zahl der gebuchten Mietwagen stieg laut Check24 um 776 Prozent. Nicht nur auf den Straßen wurde es am Mittwochmorgen eng, auch in den Bussen, Tram- und U-Bahnen der MVG, die im Gegensatz zur S-Bahn vom Streik nicht betroffen sind. Viele Menschen drängten sich zu den Stoßzeiten an den Bahnsteigen der U-Bahnhöfe.
Homeoffice und U-Bahn-Alternative: Entspannte Reaktionen auf GDL-Streik in München
Förderlehrer Jakob Hirler schlendert durch das Zwischengeschoss des Sendlinger Tors und lässt sich von dem Trubel nicht aus der Ruhe bringen. Eigentlich fährt der Giesinger mit der S-Bahn, am Mittwoch ist er trotzdem ohne Probleme in die Innenstadt gekommen. "Ich kann auch die anderen Verkehrsmittel nutzen, zum Beispiel die U-Bahn", erklärt er. "Ich habe das Privileg, dass ich in den nächsten Tagen auch viel von zu Hause aus arbeiten kann, also muss ich mir nicht so viele Gedanken drüber machen", sagt Hirler, bevor er weiter entspannt durch das belebte Zwischengeschoss spaziert.

Manche Menschen in München verlassen sich auf den Notfahrplan der S-Bahn
Zu Hause zu bleiben ist allerdings nicht für alle Münchner an diesen Tagen eine Option. Nadine Ziegler etwa muss zum Flughafen, sie möchte nach Malta fliegen, in den Urlaub. Trotz des Streiks steht sie am S-Bahnsteig am Hauptbahnhof und wartet auf die Flughafen-S-Bahn S8. "Ich verlasse mich auf den Notfahrplan", sagt die junge Frau. Der sieht vor, dass alle Linien mindestens im Stundentakt verkehren – und die S8 sogar alle 20 Minuten.

Dieselbe Taktik verfolgt Stefan Seitz. Er reiste heute ohne Probleme mit einem Zug des Bahnunternehmens Go-Ahead von Augsburg nach München, das von der Arbeitsniederlegung nicht direkt betroffen ist – solange kein Fahrdienstleiter der Deutschen Bahn (DB) streikt. "Es läuft eigentlich immer erstaunlich gut, wenn die S-Bahn streikt", sagt er und steigt in die S8, die pünktlich am Hauptbahnhof losfährt.

Ab Donnerstag: Bauarbeiten auf der Stammstrecke in München
"Bisher sind alle Züge so gefahren, wie es auf der Anzeige steht", sagt ein Mitarbeiter der DB. Und laut Anzeige müssen die Wartenden um kurz vor neun Uhr am Mittwoch nicht länger als fünf Minuten auf die nächste S-Bahn Richtung Marienplatz warten.
In den nächsten Tagen und am Wochenende dürfte die Situation etwas komplizierter werden – dann sind Bauarbeiten an der Stammstrecke geplant: in den Nächten auf Donnerstag und auf Freitag von 21.30 bis 4.40 Uhr, sowie am Samstag und am Sonntag von 4 bis 16 Uhr. "In diesen Zeiträumen gibt es zwischen Ostbahnhof, Trudering und Riem Schienenersatzverkehr und S-Bahn-Linien beginnen/enden vorzeitig", teilt ein die S-Bahn München mit. Vielleicht kommt es dann doch noch zum Mega-Chaos, vor dem die Stadt bisher verschont blieb.