Streik: Ab 16 Uhr droht erneut das große Chaos

Stillstand in der Stadt - und Pendler in Not: Schon am Morgen bekamen viele Pendler den Streik im öffentlichen Nahverkehr zu spüren. Und nun droht beim Feierabendverkehr erneut Chaos. Darum rät die Polizei: Wenn möglich vor 16 Uhr die Heimreise antreten.
von  Abendzeitung
Am Wochenende fahren U-Bahnen, Busse und Trams - ab Montag wird gestreikt
Am Wochenende fahren U-Bahnen, Busse und Trams - ab Montag wird gestreikt © AP

Stillstand in der Stadt - und Pendler in Not: Schon am Morgen bekamen viele Pendler den Streik im öffentlichen Nahverkehr zu spüren. Und nun droht beim Feierabendverkehr erneut Chaos. Darum rät die Polizei: Wenn möglich vor 16 Uhr die Heimreise antreten.

Lesen Sie im AZ-Ticker, wie der Morgen des zweiten Warnstreiks in der Stadt lief: Wie lange brauchten die Münchner zur Arbeit oder für ein Taxi? Außerdem erfahren Sie, wie Sie heute Abend zu Tina Turner und Oasis kommen. Schließlich dauert der Streik noch bis Samstag früh.

06:59 "Raaaaaah!" - Kommentar eines Radlers im Regen an der Impler-/Oberländerstraße.

07:00 "Ich habe kein Verständnis für den Streik", sagt Rentnerin Theresa Bauch an der Münchner Freiheit. Sie hat in einer halben Stunde einen Arzttermin und wohnt am Lerchenauer See. "Wenn die mehr Geld kriegen, steigen die Preise nur noch."

07:08 "Ich freue mich über den Streik", sagt Bauleiter Hans Neubauer. Er steht auf der Baustelle an der Münchner Freiheit. "Heute können wir ungestört am Bahnsteig arbeiten."

07:10 Die Polizei meldet noch keine Behinderungen auf den Straßen - "Es läuft so wie an jedem Tag auch", sagt Pressesprecher Christian Huber.

07:18 Brigitte Rösler betrifft der Streik nicht. "Ich fahre seit 34 Jahren mit dem Rad vom Stadtrand zu meiner Arbeit an der Münchner Freiheit - jeden Tag 17 Kilometer." Respekt.

07:34 Wo sind sie denn, all die Pendler und all die Münchner? Auf der Stammstrecke ist alles ruhig. Die S-Bahn meldet, dass am 27. Februar ca. 50 zusätzliche S-Bahnen der S 4 als Langzüge eingesetzt werden. Diese verkehren für die Fahrgäste zwischen Pasing und Trudering zwischen ca. 9 und 18 Uhr. "Wir stellen ungefähr 75.000 zusätzliche Plätze am Streiktag zur Verfügung", so Frank Hole, Leiter Marketing und Vertrieb S-Bahn München.

07:38 Busfahrer Anton Gacic steht mit seinem Gefährt der Linie N 40 am Odeonsplatz. "Ich habe kein Verständnis für meine streikenden Kollegen", sagt er. Gacic ist seit 33 Jahren Busfahrer - und das mit Leib und Seele. Er wartet extra auf eine Frau, die noch ihr Radl an der Haltestelle absperrt. "Das ist doch selbstverständlich."

07:45 "Ich verstehe das", sagt Brigitte Bergdoll. "Die Leute verdienen einfach zu wenig, sie haben anstrengende Arbeitszeiten und müssen auch nachts arbeiten." Dafür musste sie heute eine Stunde und 15 Minuten lang zur Arbeit laufen - vom Harras in die Türkenstraße.

07:48 Diskussion in der S-Bahn an der Donnersberger Brücke: "Ich habe langsam kein Verständnis mehr für den Streik", sagt Bürokauffrau Gabriele. "Sollen die doch ruhig", antwortet Werner M. "U-Bahnfahrer leisten mehr als mancher Banker. Der Staat hat doch genug Geld, der schmeißt es den Banken in den Rachen." So kann man's auch sehen.

07:54 In Dorfen: „Wos, heit fahrt koa U-Bahn z‘ Minga?“, wundert sich ein Jungspund mit Kurzmantel und Gel im Haar in der Regionalbahn-Mühldorf-München. „Kruzifix“ hab i gar ned gwußt“, sagt er zur zugestiegenen Freundin. und klappt seine lachsfarbene Wirtschaftszeitung zusammen.

08:04 Bankangestellte Heike Stocker saust mit ihren Inline-Skates über die Leopoldstraße. "Ich fahre sonst mit der U-Bahn von Neuperlach hierher - diesmal habe ich die S-Bahn zum Marienplatz genommen." Und dann weiter mit den Rollschuhen.

08:09 Diskussion in der S-Bahn an der Hackerbrücke. Dürfen die Bus-, Tram- und U-Bahnfahrer streiken, um mehr Geld zu bekommen? Einer sagt: "Die Manager bedienen sich doch auch ständig selber - und wenn sie dann bis zum Hals in der Scheiße stecken, pumpen sie den Staat an." Giftig, giftig.

08:11 Martina Guizar findet die S-Bahn auf der Stammstrecke deutlich voller als sonst. "Ich kann die Fahrer verstehen, die streiken. Ich arbeite im Call-Center und bin selbst nicht wirklich überbezahlt."

08:14 Andreas Hurler (30) kommt aus Donauwörth und arbeitet in München auf einer Baustelle. Er stapft durch den Regen. "Ich wusste gar nicht, dass heute gestreikt wird." Jetzt muss er vom Marienplatz zur Fuß zur LMU.

08:23 Heute lohnt es sich, die Fahrkarten in der S-Bahn zu kontrollieren – die S 8 vom Flughafen Richtung Innenstadt ist voll. In Daglfing steigt einer mit Radl ein, nach dem Leuchtenberg-Ring sind die uniformierten Kontrolleure bei ihm. Für sich hat er einen Fahrschein, für das Radl nicht. Der junge Mann sagt: „Aber es ist doch Streik!“. Das interessiert keinen, er muss zahlen. Am Ostbahnhof schiebt er zerknirscht sein Radl ins Freie.

08:26 STAU am Giesinger Berg. Runter geht es noch einigermaßen: zähfließend. Aber rauf - "da stehen sie bis zur Wittelsbacher Brücke", meldet AZ-Reporter Georg Thanscheidt (übrigens zu Fuß unterwegs). An der Buslinie 58, die teilweise fährt, stehen an jeder Haltestelle Dutzende, die in die Stadt wollen.

08:29 LEERES Taxi am Baldeplatz. Der Fahrer döst. Die zehn Münchner an der Bushaltestelle nebenan ignorieren ihn trotzdem - und warten lieber auf den Bus. Gerade setzt wieder Regen ein.

08:32 Taxi-München-Chef Hans Meißner ist "sehr zufrieden" - das wundert uns nicht. "Wir sind gut ausgelastet, kriegen aber alle Aufträge schnell los, die Wartezeiten am Telefon dauern etwa eineinhalb Minuten. Auch der Verkehr ist in Ordnung, nur punktuelle Staus, wie von Solln rein zum Harras, wegen der drei Ampeln hintereinander."

08:36 An der Corneliusbrücke sieht AZ-Reporter Thanscheidt "eine Menge sehr alter und offensichtlich seit langem unbenutzter Radl mit etwas wackligen Menschen darauf, die ebenso offensichtlich das erste Mal in diesem Winter in die Pedale treten." Oje.

08:38 Am Hauptbahnhof meldet AZ-Reporterin Regina Haumann: Es gibt noch Taxis. Dafür herrscht laut Polizei auf dem Mittleren Ring und den Einfallstraßen dichter Verkehr. STAU herrscht in der Leopold-/Ungererstraße und am Ende der Nürnberger und Garmischer Autobahn. "Insgesamt ist das Aufkommen geringer als beim letzten Mal", sagt Pressesprecher Christian Huber. "Das liegt wohl an den Faschingsferien."

09:03 Badstraße, Haltestelle des Ersatzbusses 119. Der Wirtschaftsforscher Markus Zimmer steigt ein und fragt: "Fährt denn heute keine Tram?". Beim letzten Mal nahm er das Auto. Und stand im Stau. Eine alte Frau ganz in der Nähe meint: "Die jungen Leut' sollen doch Radl fahren, das haben wir auch früher gemacht, bei jedem Wetter."

09:20 Einige Taxler am Hauptbahnhof sind enttäuscht. Sie sind extra früher aufgestanden, bekamen aber nicht so viele Kunden, wie sie dachten. Einer meint: "Die Wirtschaftskrise ist schuld". Ein anderer glaubt, dass die Münchner einfach nur gut vorbereitet waren. "Wir gehören auch zu den öffentlichen Verkehrsmitteln", mault ein dritter - und scherzt: "wir hätten uns mit den Streikenden einfach solidarisch erklären sollen"

09:23 Stephan Müller (49) steht im N40-Bus in der Lindwurmstraße. "Ich habe überhaupt kein Problem mit Streiks, weil die meisten Arbeitnehmer mehr verdienen würden und dann weniger Geld zum Verspekulieren da wäre."

09:28 Ein Busfahrer eines Privatunternehmens sagt: "Ich habe vollstes Verständnis für meine Kollegen. Ich würde auch streiken, wie soll man denn mit 1300 Euro netto eine Familie ernähren? Ich habe kein Handy, nie Urlaub und keine Extras."

09:34 Robert Meier (44) steht in der brechend vollen S27 von Deisenhofen nach München Hauptbahnhof:„Die Bahn hätte ruhig noch einen Zugteil anhängen können, schließlich war seit Tagen bekannt, dass die U-Bahn und so weiter. bestreikt werden und deshalb viele auf die S-Bahn umsteigen.“ Auch Sabine Bauer (23), Mutter mit Kinderwagen, hat Probleme, in die S 27 am Heimeranplatz einzusteigen: „Ich wäre mit meinem Buggy fast nicht in die S-Bahn reingekommen. Aber an so einem Tag rücken die Leute einfach ein Stück zusammen und dann geht’s doch noch. Ist irgendwie auch ganz nett.“

Liebe Leser, der Ticker endet hier. Die meisten sind in der Arbeit, die anderen haben frei oder Ferien. Wir wünschen Ihnen einen problemlosen Tag - auch heute Abend. Schließlich ist dann noch immer Streik. Wer zu Tina Turner, Annett Louisan oder Oasis will, kann hier nachlesen, wie er am besten hinkommt.

So kommen Sie zu Oasis, Tina Turner und zur Reisemesse Free

MÜNCHEN -Eins muss den Streikenden lassen: Sie hätten sich für ihren Ausstand keinen besseren Tag aussuchen können, um den Münchnern das Leben schwer zu machen. Nicht nur, dass der 24-stündige Streik am Freitag die Berufspendler mit voller Wucht treffen wird, auch wer sich am Nachmittag auf der Freizeitmesse oder am Abend bei Konzerten und Starkbierfest vergnügen will, hat schlechte Karten. Die AZ nennt die Brennpunkte und erklärt, wie sie dorthin kommen.

Brennpunkt Oasis-Konzert im Zenith:

Die 6000 Fans der englischen Britpop-Band haben es wirklich nicht leicht. Das Zenith ist fast nur mit dem Auto oder der U-Bahn zu erreichen. Immerhin stehen vor der Halle fast 800 Parkplätze zur Verfügung.

Im Notprogramm der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) verkehrt der StadtBus170 bis zur Paul-Hindemith-Allee. Von dort muss man ein paar Meter zu Fuß bis zur Konzerthalle gehen.

Brennpunkt f.re.e 2009 auf dem Messegelände:

Damit die Messebesucher die neue C-B-R auch am Streiktag erreichen können, ist ein kostenloser Shuttleservice eingerichtet worden. Entweder mit der S2 bis nach Riem oder mit der S 4 bis nach Trudering fahren und dort auf die bereitgestellten Busse zurückgreifen, die im Pendelverkehr zum Messegelände und zurück fahren. Die Busse halten am Eingang Ost des Messegeländes. Über die A94 , Ausfahrten Feldkirchen-West und Riem, ist die Messe auch mit dem Auto problemlos zu erreichen. 6000 Parkplätze stehen zur Verfügung.

Brennpunkt Tina Turner-Konzert in der Olympiahalle:

Am Olympiapark stehen rund 4000 Parkplätze für 12 000 Besucher zur Verfügung, die in die ausverkaufte Olympiahalle strömen werden. Wer nicht mit dem Auto kommen will, der muss deshalb aufs Notprogramm der MVG zurückgreifen. Auf der Nacht-Linie N42 fährt ein Bus von der Münchner Freiheit bis zum Olympiagelände und wieder zurück. Nach Konzertschluss dürfte es darin eng werden.

Brennpunkt Annett Louisan-Konzert im Deutschen Theater in Fröttmaning:

Auch hierhin fahren keine U-Bahnen. Um die Besucher trotzdem rechtzeitig zum Konzert zu bringen, setzt das Deutsche Theater in Zusammenarbeit mit den Münchner Stadtrundfahrten kostenlose Shuttlebusse ein, die von der Haltestelle beim Karstadt (ehemals Hertie) am Hauptbahnhof direkt zum Deutschen Theater fahren. Der erste Bus startet um 17.30 Uhr, bis zum Konzertbeginn um 20 Uhr verkehren dann regelmäßig Busse zwischen Hauptbahnhof und dem Deutschen Theater. Nach der Vorstellung bringen die Busse die Besucher direkt vom Haupteingang des Deutschen Theaters zurück zum Hauptbahnhof. Auch mit dem Auto gibt’s keine Probleme: Einfach nach der Ausfahrt Fröttmaning Süd auf der rechten Fahrspur der Werner-Heisenberg-Allee weiterfahren und nach der Brücke der Beschilderung „Deutsches Theater“ folgend nach rechts in die Maria-Göppert-Mayer-Straße einbiegen. Dort befindet sich ein großer Parkplatz.

Brennpunkt Starkbierfest im Löwenbräukeller:

Parkplätze sind am Stiglmaierplatz traditionell rar. Dafür fährt im Notprogramm der Bus N120 auf dem Linienweg der Tram 20 vom Stachus bis Moosach. Am problemlosesten dürfte allerdings die Anreise mit der S-Bahn sein. Einfach bis zum Hauptbahnhof fahren und von dort zehn Minuten zu Fuß durch die Maxvorstadt gehen. Ein bisschen Bewegung tut vor und nach dem Starkbiergenuss bekanntlich gar nicht so schlecht.

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