Straßenmusiker streiten um die besten Plätze
MÜNCHEN - Im Englischen Garten mag der Park-Chef sie nicht mehr hören, die Straßenmusikanten. Jetzt geht das große Streiten um die besten Plätze in der City los. Denn die lukrativsten Musiker-Plätze sind mitten in der Fußgängerzone: zwischen Stachus, Marienplatz und Odeonsplatz.
Dort, das wissen alle in der Szene, kann man richtig gut Geld verdienen. Bloß: Wer da Musik machen will, braucht eine Sondernutzungserlaubnis der Stadt – die gibt täglich nur zehn Lizenzen raus. Und wer hier auftreten will, muss erst durch ein Casting! Antreten und vorspielen am Marienplatz. Bei Münchens berühmtesten Straßenmusiker, dem tschechischen Akkordeon-Virtuosen Ivan Hajek. Der hört genau hin – und setzt alle vor die Tore der City, die nicht taugen. München sucht den Super-Straßen-Star.
„Was glauben Sie, wie’s da zuginge, wenn wir jeden spielen lassen würden wie er will“, sagt Albert Dietrich in seinem Büro in der Stadtinformation im Rathaus, wo er täglich ab 10 Uhr die begehrten Lizenzen ausgibt. Lange bevor er die Tür öffnet, drängeln sich draußen Trauben von Künstlern: russische Orchestergeiger, peruanische Panflötisten, mongolische Hackbrettspieler und amerikanische Banjo-Zupfer. Erstklassige Berufsmusiker oft, die in ihren Heimatländern ihre Jobs verloren haben. Aber auch viele Weltenbummler und Hobby-Musikanten.
Seit zwei Wochen, sagt er, sei „der absolute Irrsinn“ ausgebrochen: Die rumänische Musiker-Mafia, rausgeflogen aus dem Englischen Garten, drängt nun in die Stadt. Es seien Geiger und Akkordeon-Spieler, die kaum ihr Instrument halten können. Viele seien Bettler, getarnt als Musiker. Es hat sich rumgesprochen, was verdient werden kann. „Bis zu 100 Euro pro Stunde“, berichtet etwa Star-Tenor Jan Menzer (34), der in seiner Studienzeit oft auf der Straße sang. Dietrich: „Jetzt stehen täglich 20 Rumänen vor der Tür. Wir lassen nur noch zwei am Tag zu, wenn sie spielen können.“
Strenge Auflagen
Die Auflagen sind streng: Zehn Musiker, drei „Statuen“, zwei Maler und zwei Pantomimen erlaubt die Stadt pro Tag in der Fußgängerzone. Fünf Musiker von 10 bis 13 Uhr, die zweiten fünf von 15 bis 23 Uhr. Alphörner, Trommeln, Bläser, Drehorgeln sind verboten, Clowns und Pantomimen erst nach dem Glockenspiel um 12.15 Uhr erlaubt. Auch sonntags braucht’s eine Lizenz.
Übrigens: Wer außerhalb der Fußgängerzone musizieren will, der darf. Hier gilt das Duldungsprinzip: Erst wenn Anwohner die Polizei rufen, ist Schluss. Nur der Viktualienmarkt ist tabu, das Marktrecht schließt Musiker aus.
Hörproben
Noch singt er nicht in der Mailänder Scala, doch das könnte noch werden. Straßenmusiker Jan Menzers hat bei der AZ vorgesungen und so klingt seine Hörprobe.
Der Musiker Ivan Hajek testet für die Stadt unbekannte Straßenmusik-Neulinge, er ist sozusagen der Dieter Bohlen der Fußgängerzone. Wen er durchwinkt, darf in der Fußgängerzone spielen. Und so klingt seine Musik.
Und dank seines fachkundigen Urteils klingt es so in Münchens Fußgängerzonen.
Irene Kleber, Kimberly Hoppe