Strafsteuer für Radler-Maß

Die Bundesregierung will die Promillegrenze für Autofahrer senken und den Preis fürs Bier massiv erhöhen. Der Brauerbund und Einzelhandelsverband sind entsetzt.
von  Abendzeitung
Die Maß könnte bald deutlich teurer werden.
Die Maß könnte bald deutlich teurer werden. © dpa

MÜNCHEN - Die Bundesregierung will die Promillegrenze für Autofahrer senken und den Preis fürs Bier massiv erhöhen. Der Brauerbund und Einzelhandelsverband sind entsetzt.

Nach dem absoluten Rauchverbot in der Gastronomie droht neues Ungemach für Bayerns Wirtshaus-Freunde: Im Rahmen des „nationalen Aktionsprogramms zur Alkoholprävention“ will die Bundesregierung den durchschnittlichen Pro-Kopf-Konsum von Reinalkohol pro Jahr von zehn auf acht Liter senken. Die Maßnahmen, die bereits am 15. September auf Empfehlung des Drogen- und Suchtrats in Berlin diskutiert werden, könnten die bayerische Wirtshauskultur in den Grundfesten erschüttern.

So soll die Promillegrenze für Autofahrer in einem ersten Schritt von 0,5 auf 0,2 gesenkt werden. Langfristiges Ziel ist aber die Null-Promille-Grenze für alle, die sich ans Steuer setzen. Die Arbeitsgemeinschaft Suchtprävention empfiehlt außerdem, ein weitgehendes Werbeverbot für alkoholische Getränke anzuordnen, Verkaufszeiten für Alkohol zu reduzieren und alle Behältnisse für alkoholische Getränke – ähnlich wie bei Zigarettenschachteln – mit Warnhinweisen zu versehen. Selbst Wiesn-Krügen müssten dann mit Warnschildern versehen werden.

Besonders schlimm könnte Bayerns Bierfreunde aber treffen, was der Suchtrat lapidar als „Harmonisierung der Steuersätze für Alkohol auf EU-Ebene“ bezeichnet. Gemeint ist die Anpassung der Steuersätze an die europäischen Nachbarstaaten – und damit eine Anhebung um bis zu 200 Prozent: „Dadurch würde sich der Kasten Bier um rund sechs Euro verteuern“, warnt der Präsident des Bayerischen Brauerbundes, Michael Weiß.

Die Sondersteuer könnte die Radler-Maß um 3,36 Euro verteuern

Für Bayerns beliebtesten Durstlöscher, das Radler, könnte es sogar noch schlimmer kommen: Der Suchtrat betrachtet die Biermischung als Einstiegsdroge und plädiert deshalb ähnlich wie bei Alkopops auf den ohnehin erhöhten Verkaufspreis noch einmal eine Strafsteuer drauf zu schlagen. Bei Alkopops beträgt diese Sondersteuer bei einem 0,275 Liter-Behältnis immerhin 84 Cent. Umgerechnet auf die Maß Bier wären das 3,36 Euro. „Jeder, der die Bedeutung der Radler-Maß in Bayern kennt, kann diese Zwangssteuer nur als absolut realitätsfern einordnen“, sagte Weiß.

Wie groß die Sorge vor einem weiteren Angriff auf die bayerische Wirtshauskultur ist, zeigt die ungewohnte Allianz zwischen Brauerbund, Bayerischen Einzelhandelsverband und Wirtschaftsvereinigung, die gestern auf einer gemeinsamen Konferenz gegen die Pläne des Drogen- und Suchtrats Sturm liefen. „Wir müssen uns wehren, damit uns am Ende nicht alles vom Staat vorgeschrieben wird“, poltert Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Brauer-Präsident Weiß betrachtet das Aktionsprogramm „als Schlag ins Gesicht der Brauwirtschaft, die ohnehin seit Jahren an Umsatzrückgänge leidet“. Und Martin Aigner, der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Einzelhandelverbands, stellt klar: „Alkoholexzesse von Jugendlichen werden nicht durch neue Gesetze verhindert.“

Dabei sind sich sowohl Brauer, als auch Wirtschaftsvertreter einig, dass Trunkenheit am Steuer oder Koma-Saufen bei Jugendlichen auf keinen Fall toleriert werden darf. Angesichts immer neuer Verbote fragt sich Siegfried Gallus, der Präsident des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands, allerdings schon, was nach Rauch- und Alkoholverbot noch alles kommen werde: „Vielleicht eine Beschränkung für den Verzehr von Kohlenhydraten?“

Daniel Aschoff

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