Stolpersteine: Stadt hält an Verbot fest

In vielen deutschen Städten gehören Stolpersteine zur Gedenkkultur – in München aber bleiben sie weiterhin verboten. Die Stadt setzt auf andere Erinnerungsmöglichkeiten.
Florian Zick |
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München - Nun steht es fest: In München dürfen auch in Zukunft keine Stolpersteine verlegt werden. Der Stadtrat entschied sich gestern mit breiter Mehrheit gegen diese von der Israelitischen Kultusgemeinde abgelehnte Gedenkform.

Statt mit Stolpersteinen soll den Opfern der NS-Terrorherrschaft künftig mit Erinnerungstafeln an Häuserwänden gedacht werden. Sollte das nicht möglich sein, so schlägt der Stadtrat Stelen vor, die auf öffentlichem Grund vor den Wohnhäusern der Ermordeten aufgestellt werden sollen.

Die Entscheidung beendet eine monatelange Debatte, die vor allem in den sozialen Netzwerken sehr erbittert geführt wurde. Von der „Endlösung der Gedenkfrage“ und Ähnlichem sei dort zu lesen gewesen, berichtete der grüne Fraktionschef Florian Roth. „So etwas geht gar nicht“, sagte er. Aber es zeigt, wie aufgeheizt die Stimmung teilweise war.

Im Stadtrat gestern verlief die Diskussion nun in ruhiger, aber sehr bewegter Atmosphäre. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) bat das Plenum zu Beginn, sich für eine Gedenkminute zu erheben. Ein „starkes Signal für das gemeinsame Gedenken an die schlimmsten Zeiten unserer Geschichte“ sei das gewesen, urteilte Stadtrat Marian Offman (CSU).

Offman hat im Dritten Reich selbst viele Angehörige verloren – Tanten, Onkel und Großeltern. Hätte er die Gelegenheit gehabt, für sie Stolpersteine zu verlegen, sagte er, er hätte es nicht getan – „einfach, weil ich nicht weiß, ob sie es gewollt hätten“.

Offman ist damit in etwa auf Linie mit Charlotte Knobloch. Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde lehnt Stolpersteine grundsätzlich ab, weil sie die Gelegenheit böten, auf den NS-Opfern symbolisch herumzutrampeln. Diese Haltung der jüdischen Gemeinde sei letztlich auch der Grund gewesen, erklärte SPD-Fraktionschef Alexander Reissl, warum die Große Koalition im Rathaus die Aufhebung des Münchner Stolperstein-Verbots abgelehnt hat.

Schwarz-Rot kippte damit einen von den Grünen mitgetragenen Kompromissvorschlag von Kulturreferent Hans-Georg Küppers. Dieser hatte empfohlen, alle Gedenkformen zu erlauben: Haustafeln, Stelen – und auch Stolpersteine, sofern die Angehörigen dies wünschen.

„Ich kann jede Meinung verstehen“, erklärte OB Dieter Reiter. Schließlich sei bis zuletzt auch die Haltung der Hinterbliebenen alles andere als einheitlich gewesen. Die Argumente von Knobloch hätten ihn schlussendlich aber überzeugt.

Neben den Wandtafeln und Stelen beschloss der Stadtrat gestern zudem, dass es auch eine zentrale Gedenkstätte mit den Namen aller Münchner Opfer geben wird. Diese soll am sogenannten Ehrentempel in der Nähe des NS-Dokumentationszentrums entstehen. Ein Historiker soll damit betraut werden, bei den Opfergruppen die Namen zu recherchieren.

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