Stephan Zinner: „Ich spiele nicht für die Politiker“

Auf dem Nockherberg gibt Stephan Zinner wieder Markus Söder. Was für ihn zählt, wie er sich vorbereitet – und warum er das Original schon mal versetzt hat, erzählt er im AZ-Interview.
von  Interview: Christian Pfaffinger
Der Minister und sein Double: Markus Söder (r) und der Schauspieler Stephan Zinner.
Der Minister und sein Double: Markus Söder (r) und der Schauspieler Stephan Zinner. © dpa

München - Der 41-Jährige ist Kabarettist, Musiker und Schauspieler. Am Mittwoch schlüpft Stephan Zinner wieder in seine Paraderolle und mimt Bayerns Heimatminister Markus Söder.

Herr Zinner, was macht den Nockherberg besonders?

Diese spannende Mischung. Da sind die Politiker und daneben sind zum Beispiel Polizisten, die einen Schweinsbraten essen und dann wieder rausgehen und sich vors Auto hinstellen. Das sind zwei Welten. Auf der einen Seite die Leute der High-Society und auf der anderen Seite diejenigen, die auf sie aufpassen. Auf der einen Seite sagen die Politiker: Das machen wir und das und das. Und auf der anderen Seite führen die Polizisten Gespräche, warum sie in Passau so viele Überstunden haben.

Das Thema Flüchtlinge wird das Singspiel beherrschen.

Richtig. Aber es wurde von Autor und Regisseur ein sehr guter Weg gefunden, damit umzugehen. Wir hätten uns jetzt alle in ein Flüchtlingsheim setzen können oder so tun, als seien wir als Politiker auch Flüchtlinge und irgendwo gestrandet – das wäre aber sehr eindimensional.

Also ein zentrales Thema statt vieler kleiner Intrigen?

Nebenher geht das Schienbeingetrete schon weiter.

Wie lernen Sie, Markus Söder zu sein?

Ich verfolge ihn jetzt nicht, weil man den eh ständig mitkriegt. Der ist ja nicht gerade medienscheu. Also lese ich Zeitung, schaue fern und nehme auf, was er so von sich gibt. Das ist meine Vorbereitung. Und Bocksbeutel trinken.

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Zwecks fränkischer fühlen?

Ja, am Sonntag vorm Nockherberg trinke ich mit einem Spezl aus meiner alten Studenten-WG noch einen Bockbeutel. Aber das ist eher eine Gaudi, als dass es was bringt.

Weiß man’s ...

Ja, das ist natürlich schon der magische Zusatz.

Daher also das Gefühl. Und inhaltlich? Die Aussagen Söders und mancher CSU-Kollegen zur Flüchtlingsdebatte sind ja oft nicht gerade lustig.

Aber manche Sätze sind ja direkt Pointen. Oft ist es schon fast wie in einem Stück. Und bei der AfD etwa brauchen wir erst gar nicht reden. Auf sowas musst du erst mal kommen. Wenn du ein Stück schreibst, in dem du Figuren rechts positionierst, dann müsstest du dich erst einmal trauen, so einen Kaas zu sagen.

Und bleibt’s lustig?

Das schafft die Regie aufs ganze Stück gesehen. Es soll natürlich ein schöner Abend sein. Aber das heißt nicht, dass es zwischendrin nicht auch Szenen gibt, bei denen einem das Lachen vergeht. Ein gutes Stück ist ein Auf und Ab.

Vielleicht auch für Söder. Schauen Sie beim Spielen, wie er schaut?

Nein, es ist immer verkehrt, auf Reaktionen zu schauen, das irritiert nur. Und ich spiele ja nicht für die Politiker, sondern ich spiele für die anderen Zuschauer im Saal. Und natürlich für die Leute daheim. Darum ist mir die Reaktion der Politiker im positiven Sinne wurscht. Da interessiert mich mehr, wenn der Vater am nächsten Tag kommt und sagt: Sauber gespielt. Oder er sagt: Das hättest schon a weng anders machen können. Das zählt.

Der Vater als Kritiker?

Nein, aber eine Meinung krieg ich immer. Auch von den Spezln. Vor ein paar Jahren, da haben die Inszenierung und ich mal ein bisserl aufs Maul gekriegt von den Spezln, das hat ihnen nicht gefallen.

Und was sagt Söder nach dem Singspiel zu Ihnen?

Das Wort Smalltalk ist genau für das erfunden worden. Da geht’s um nix. Muss es auch nicht. Wer sagt schon, wenn er es richtig schlecht findet. Die Politiker sind auch im Showgeschäft und wissen, dass überall die Kamera lauert.

Man redet, weil’s dazugehört.

Ja. Einmal hab ich’s vergessen. Da bin ich von der Bühne gegangen in die Garderobe, war ganz allein. Dann hat mir der Schankkellner ein Bier besorgt, ein normales, weil mir das Starkbier nicht so schmeckt. Und dann hock ich da in der Garderobe, trink vom Bier, es ist echt super – und dann denk ich mir: Warum ist eigentlich keiner da? Auf einmal schreit jemand vom BR: Stephan, der Söder wartet auf der Bühne!

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Sauber versetzt.

Ja, das wurde mir dann von den Spezln auch hoch angerechnet, so: Sauber, jetzt hast ihn aber auflaufen lassen! Dabei war es weder Bösartigkeit noch ein revolutionärer Akt, ich hatte es einfach vergessen.

Es kann ja sein, dass Sie bald die Hauptrolle im Singspiel bekommen.

Ich hab mal gesagt: Wenn er Ministerpräsident wird, hör ich auf. Und ich halte das immer noch für einen extrem coolen Satz von mir. Auch wenn ich damit einfach meine, dass es ein guter Zeitpunkt sein könnte, um mit der Rolle aufzuhören. Drum sage ich das jetzt so. Mal schauen, ob ich das dann im Kreuz hab.

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