Steine auf Polizisten – das ist versuchter Totschlag!

Fünf Jahre Jugendstrafe wegen versuchtem Totschlag – das ist das harte Urteil für drei jugendliche Hausbesetzer, die am 28. Juni 2007 Polizisten mit Pflastersteinen bewarfen.
MÜNCHEN Die Jugendstrafkammer des Landgerichts I sah es als erwiesen an, dass die damals 17 bis 19 Jahre alten jugendlichen Hausbesetzer Polizisten mit Steinen beworfen hatten. Die Punks hatten ein Haus in der Westendstraße besetzt und Barrikaden errichtet. Als die Polizei anrückte, warfen sie mit Pflastersteinen – insgesamt 30 Stück. Vier Beamte wurden verletzt. Einer von ihnen erlitt beim Sturz von einer Mauer einen Brustwirbelbruch. Als er am Boden kauerte, flogen weitere Steine. Einer traf ihn im Rücken.
Peter Hückmann, Anwalt der 17-jährigen Stephanie T., kündigte Revision an: „Hier sind alle drei über einen Kamm geschoren worden, ohne den jeweiligen Tatbeitrag zu prüfen.“ Außerdem bedeute eine Verurteilung wegen versuchtem Totschlag einen „Dammbruch“, da so etwas bereits bei vielen Demos passiert sei, bislang aber lediglich als gefährliche Körperverletzung geahndet wurde. Auch Florian Schneider, Anwalt des 20-jährigen Sven M., spricht von einem „Pionier-Urteil“. „Das wird es jetzt öfters geben“, prophezeit er. Der Vorwurf des versuchten Totschlags wird dabei gestützt auf ein Münchner Gutachten, das Lebensgefahr für den Fall sieht, dass der oberste Halswirbel – auch bei gut gepanzerten Einsatzkräften ein neuralgischer Punkt – von einem Stein getroffen wird.
Richterin Rosi Datzmann begründete gestern die Höhe der Strafe damit, dass im Jugendgefängnis auf die Drei erzieherisch eingewirkt werden soll: „Dieses Urteil ist ihre letzte Chance.“
So sollen sie in der Haft eine Lehre bzw. ihre Schulausbildung abschließen können. Lukas W. (Anwalt Jochen Uher) wusste nicht einmal, dass er bereits einen Hauptschulabschluss besitzt, hat daher auch nie etwas damit angefangen. Nach Meinung der Anwälte hätte für dieses Ausbildungsziel aber auch eine Bewährungsstrafe mit entsprechenden Auflagen ausgereicht.
Das sahen die Zuhörer, Freunde aus der Punk-Szene, die Eltern und andere Verwandte der Angeklagten, ganz ähnlich. Mit Zwischenrufen kritisierten sie die harte Entscheidung des Jugendgerichts, klatschten höhnisch Beifall für das „deutsche Justizsystem“.
Mit dem Urteil werde das Leben der drei zerstört, die Richterin sei in ihrer Urteilsbegründung „unsachlich“ gewesen. Richterin Datzmann ließ die Rufer aus dem Saal entfernen. John Schneider