Staubtrockener Elektro-Punk am Rande der Schlacht

Tobias Lundt alias Bonaparte spielt im Backstage.
Do You Wanna Party with the Bonaparte at the mighty mighty in Wellington? – Napoleonische Strategiebesprechung oder doch Schlachtplatte mit Blutwurst?
Der Schweizer Wahl-Berliner Tobias Jundt, alias Bonaparte, hat in den letzten Jahren eifrig durchgeknallte Musiker akquiriert. Mittlerweile ist die persönliche Streitmacht des kleinen Feldherren mit dem schwarzen Auge zu einer neunköpfigen bizarren Zirkus-Punk-Formation angeschwollen. Die Schlacht wird geschlagen gegen Spießbürgerei, Langweile und das Diktum einer stringenten Ästhetik.
Hinter hemmungslos zelebriertem Hedonismus verbergen Bonaparte ausgefuchste Texte und ein völlig eklektisches Soundkonzept. Legt man ihre Platte „Too Much“ auf, kullern einem staubtrockene Soundbrocken vor die Füße: Die Computer-Drums bröckeln von den Wänden, die Gitarre kratzt wie Fingernägel über den Putz und der hervorgepresste Sprechgesang schmirgelt an der Ohrmuschel. Diese Platte will, wie der Titel vermuten lässt, überfordern.
Live flutscht das Ganze schon besser: Mit Dreispitz, Tiermasken und Damen-Strapsen ausstaffiert, fließt bei den Shows der Schweiß in Strömen. Der durchgeknallte Punkzirkus speit alles aus, was er beim Herumvagabundieren so aufgesammelt hat: burleske Tänze, ein bisschen French-Kitsch und eine dermaßen energiegeladene Bühnenperformance, dass man sich vielleicht sogar um die Stabilität der blechernen Steckwände der Backstage-Halle sorgen könnte. Ein Angriff auf die Ohren. Johanna Jauernig
Backstage (Halle), Wilhelm-Hale-Straße 38, 20.30 Uhr, Abendkasse 15 Euro,