Statt Neun-Euro-Ticket: Länder empfehlen ÖPNV zum Nulltarif!

München - Für nur neun Euro im Monat den ÖPNV nutzen – klingt fast zu schön, um wahr zu sein! Doch das vergünstigte Ticket soll kommen, darauf hat sich der Koalitionsausschuss der Bundesregierung im Rahmen seines Entlastungspakets geeinigt.
Für insgesamt drei Monate sollen die Menschen dann deutlich günstiger Bus und Bahn nutzen können. Zum Vergleich: Wer aktuell ein Monatsticket in München für die Zone M möchte, muss satte 59,10 Euro hinblättern.
Wie genau das geplante Monatsticket umgesetzt werden kann, ist noch unklar. Am Freitag kamen die Verkehrsminister der Länder mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) zu einer Sonderkonferenz zusammen, in der es auch um das Neun-Euro-Ticket ging. Wissing sprach von Kosten in Höhe von 2,5 Milliarden Euro, die der Bund den Ländern erstatte. Wenn mehr Geld notwendig sei, werde sich der Bund nicht verweigern.
Gegenvorschlag der Länder: ÖPNV zum Nulltarif
Doch möglicherweise wird das Fahren mit dem ÖPNV in den kommenden Monaten auch überhaupt nichts kosten.
Denn als Reaktion auf den Vorstoß der Bundesregierung haben die Länder ein Nulltarif-Ticket ins Spiel gebracht. Auf diese Weise könne der administrative Aufwand für die Verkehrsverbünde niedrig gehalten werden, betonte die Vorsitzende der Konferenz, Bremens Bürgermeisterin Maike Schäfer, im Anschluss an die Sitzung. Diese Empfehlung soll nun in einer speziellen Bund-Länder-Arbeitsgruppe geprüft werden.
Das geplante Neun-Euro-Ticket soll laut Wissing auch für Abonnenten gelten. Die Kosten für Abos würden dann entweder nicht abgebucht oder erstattet, sagte Wissing. Es gebe keinen Grund, wegen des geplanten Tickets ein Abo zu kündigen. Er halte das günstige Ticket für relativ schnell umsetzbar, wenn man Online-Tickets anbiete, sagte Wissing.

Bayerns Verkehrsminister kritisiert Ampel-Vorschlag
Bei den Unionsländern stößt der Vorschlag des befristeten Neun-Euro-Tickets auf Kritik. Es wäre besser gewesen, vorher mit den Ländern zu sprechen, sagte Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) am Freitag. Er sprach dabei auch im Namen der übrigen Länder, in denen nicht die SPD die Koalition anführt.
Kommunen und Verkehrsverbünde hätten keine Ahnung, wie sie den Beschluss umsetzen sollten. Zudem sehe er eine Benachteiligung des ländlichen Raums, da hier weniger Menschen aufgrund der großen Distanzen den Öffentlichen Personennahverkehr nutzten.
Das Neun-Euro-Ticket sei ein "Schnellschuss", ein "Lockangebot", welches dem eigentlichen Problem nicht gerecht werde, sagte Bernreiter. Der ÖPNV müsse dauerhaft ausgebaut werden, Kostensteigerungen müssten dauerhaft kompensiert werden. So sehr man es sich wünsche, weder die Ukraine-Krise noch ihre Folgen seien in drei Monaten wieder vorbei.
Die Umsetzung würde in Bayern nach einer ersten Prognose zwischen 250 und 450 Millionen Euro kosten. Das teilte das bayerische Verkehrsministerium am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Wie hoch die Kosten konkret seien, komme darauf an, wie viele Menschen das Monatsticket dann kaufen würden.
MVV will Neun-Euro-Ticket möglichst schnell umsetzen
Bereits vor der Sonderkonferenz hatte der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) angekündigt, das Ticket so schnell wie möglich umsetzen zu wollen. Dafür bedürfe es aber noch Beratungen mit dem Freistaat Bayern und den anderen Verkehrsunternehmen im Verbund.
Für den MVV müssen auch die Abonnenten vom Ticket profitieren. "Daher möchten wir alle Kundinnen und Kunden bitten, ihre Abos nicht zu kündigen, sondern unsere Kommunikation abzuwarten. Wir bitten hier noch um etwas Geduld", sagte MVV-Geschäftsführer Bernd Rosenbusch am Freitag.
Auch die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) müsse zunächst prüfen, wie genau der Beschluss des Bundes umgesetzt werden kann. "Für die MVG ist entscheidend, dass sämtliche Einnahmeausfälle durch das Neun-Euro-Ticket, einschließlich des Mehraufwandes für die Umsetzung, durch den Bund finanziert werden", teilte MVG-Chef Ingo Wortmann auf AZ-Nachfrage mit.
Fahrgastverband "Pro Bahn": Abo-Kunden dürfen nicht benachteiligt werden
Beim Fahrgastverband "Pro Bahn" gab es vor der Sonderkonferenz ebenfalls noch viele Fragen. "Leider ist aber noch unklar, wie die Neun-Euro-Fahrkarte genau aussieht und wo sie gilt. Es drängt sich schon der Eindruck auf, dass keiner der Entscheider in den letzten Jahren selbst Fahrkarten gekauft hat", sagte Andreas Barth vom Fahrgastverband am Freitag der AZ. Auch bei "Pro Bahn" ist man der Meinung, dass die Abonnenten durch das Ticket nicht benachteiligt werden dürfen.
Neun-Euro-Ticket: Arbeitsgruppe soll offene Fragen klären
Ob und wann das Neun-Euro-Ticket kommt oder ob man bald doch den ÖPNV zum Nulltarif bekommt, ist auch nach der Sonderkonferenz der Verkehrsminister noch unklar. Die Arbeitsgruppe muss nun die weiter offenen Fragen klären.
Viel Zeit soll nicht verstreichen: Die Länder möchten die ÖPNV-Vergünstigung bereits im Mai starten. "Wir wollen jetzt nicht noch drei, vier, fünf Monate warten, bis das umgesetzt wird. Die Menschen sollen möglichst jetzt den Benefit von einem kostengünstigen Ticket bekommen und dann auch wieder Lust haben, mit dem ÖPNV zu fahren", sagte Schäfer.