Startbahn-Urteil: Was Befürworter und Gegner sagen
Acht Jahre zog sich der Rechtsstreit um die dritte Startbahn jetzt hin - gestern fiel die Entscheidung. Die AZ hat Reaktionen eingeholt.
München - Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gestern hatte es Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) plötzlich sehr eilig: Gleich nach der Sommerpause werde er Gespräche mit den anderen Flughafen-Eigentümern führen, erklärte er. Und Markus Söder, sein Wirtschaftsminister, verstieg sich sogar zu der sehr sportlichen Ankündigung, noch in diesem Jahr eine Entscheidung über die dritte Startbahn herbeiführen zu wollen.
Das sagen die Befürworter:
Jetzt soll also alles ganz schnell gehen. Von einer „entscheidende Weichenstellung für die Zukunft unseres Landes“, sprach Flughafen-Chef Michael Kerkloh. „Wir können mit dieser Ausbaumaßnahme dafür sorgen, dass die bayerische Bevölkerung und die heimischen Unternehmen auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten von einer optimalen Anbindung an alle Regionen der Welt profitieren“, sagte er.
Kerkloh brachte damit Argumente für den Flughafen-Ausbau vor, die auch von bayerischen Großbetrieben immer wieder gerne benutzt werden. Bertram Brossardt, der Chef der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, erklärte zum Beispiel: „Die dritte Startbahn wird direkte positive wirtschaftliche Auswirkungen auf weite Teile Bayerns haben und ist ein Leitprojekt für die Zukunftsfähigkeit des Freistaats insgesamt.“
Und Peter Driessen, der IHK-Chef, ergänzte: „Es steht nicht nur die weltweit beachtete Erfolgsgeschichte des Flughafens im Erdinger Moos auf dem Spiel – gefährdet ist auch das langfristige Wachstumspotenzial ganz Bayerns.“
Auch in der Tourismusbranche begrüßt man das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts natürlich. Michael Frenzel, der Präsident der Deutschen Tourismuswirtschaft, sagt: „Die juristischen Fragezeichen sind ausgeräumt. Jetzt ist es an der Politik, möglichst zeitnah einen verbindlichen Startschuss für den Ausbau zu geben!“
Ob es dann wirklich so schnell geht, ist allerdings fraglich. In München sind schließlich die Startbahn-Skeptiker in der Überzahl. Und die wollen von ihrem Veto so schnell auch nicht abrücken.
Das sagen die Gegner:
Bei den Gegnern der dritten Startbahn nahm man das Urteil vom Bundesverwaltungsgericht gestern weitgehend locker auf. Die Bürgerinitiative Attaching erklärte zwar umgehend, zur Not auch bis nach Karlsruhe ziehen zu wollen. Die meisten anderen Pisten-Kritiker äußerten sich aber eher gelassen.
„Auch jetzt werden keine Bagger im Erdinger Moos anrücken“, sagte etwa Christian Magerl, der umweltpolitische Sprecher der Landtags-Grünen. Und die Münchner Rathausspitze um Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und seinen Stellvertreter Josef Schmid (CSU) erklärte unisono, dass nichts passieren werde, solange der ablehnende Bürgerentscheid von 2012 nicht neutralisiert sei.
Das wäre nur durch einen neuerlichen Bürgerentscheid möglich. „Ich sehen derzeit allerdings keinen Anlass, die Münchner erneut abstimmen zu lassen“, so OB Reiter. „Dazu müssten sich Rahmenbedingungen wie die Anzahl der Starts und Landungen schon grundlegend ändern.“
Katharina Schulze, die Sprecherin des Bündnisses „München gegen die 3. Startbahn“, betonte: „Das Gericht hat nicht entschieden, dass die dritte Startbahn gebaut werden muss. Denn den Bau haben die Bürgerinnen und Bürger mit dem Bürgerentscheid in München schon längst abgelehnt.“
Hartmut Binner vom Aktionsbündnis „AufgeMUCkt“ forderte deshalb: „Herr Ministerpräsident Seehofer, akzeptieren Sie endlich die Fakten und hören Sie auf, immer nur blind den Hochglanzbroschüren der Flughafengesellschaft zu folgen!“