Starker Stoff: So wird das Bier zur Fastenzeit gebraut

Fastenzeit ist Starkbierzeit. Doch was ist das genau, Starkbier? Viel Alkohol, sehr süß und irgendwie trüb? Die AZ hat beim Giesinger Braumeister Steffen Marx einen Brau-Blitzkurs belegt
von  Tim Wessling
Alles beginnt mit dem Malz. Marx verwendet Gersten und Weizenmalz. Ganz wie bei jedem anderen Bier – nur dass es die doppelte Menge ist. Für die volle Marge von 3000 Litern „Sternhagel“ braucht der Brauer knapp 1,2 Tonnen Malz. Sonst wären es nur 600 Kilo.
Alles beginnt mit dem Malz. Marx verwendet Gersten und Weizenmalz. Ganz wie bei jedem anderen Bier – nur dass es die doppelte Menge ist. Für die volle Marge von 3000 Litern „Sternhagel“ braucht der Brauer knapp 1,2 Tonnen Malz. Sonst wären es nur 600 Kilo. © Tim Wessling

München - Die Paulaner-Mönche waren sich im 17. Jahrhundert nicht ganz sicher. Dürfen sie in der Fastenzeit Starkbier trinken? Sie wollten sich Bestätigung von höchster Stelle holen und schickten ein Fassl über die Alpen nach Rom. Der Empfänger: der Papst persönlich. Drei Wochen dauerte die Reise. Doch als das Gebräu im Vatikan ankam, war es sauer und fast ungenießbar. Der Papst befand: Davon hält man eh nicht viel aus, gab seinen Segen – und die Münchner Tradition des Starkbieres war geboren.

Gut, die Paulaner-Mönche haben das Starkbier nicht erfunden. Sie haben es nur stärker gebraut als üblich. Denn in der Fastenzeit, beginnend am 2. April zum Todestag des Ordensgründers Franz von Paula, durften die gottesfürchtigen Männer nichts essen – trinken allerdings schon. Und weil das starke Bier genug Nährstoffe lieferte, kippte zumindest kein Mönch mehr vor Hunger vom Stuhl.

Die Brüder nannten ihr Bier nüchtern „Sankt Vaters Bier“ und zu späterer Stund „Sangddavvasbrr“ – oder Salvator. Und hier schließt sich der Kreis. Denn auch viele andere Brauereien kamen im 19. Jahrhundert auf die Idee, ebenfalls ein Salvator-Bier zu brauen.

Das fand die Paulaner-Brauerei gar nicht lustig und zog vor Gericht. Immerhin hatten ja die hauseigenen Mönche dem Stoff seinen Namen gegeben. Paulaner bekam 1896 Recht. Die anderen Brauer mussten umbenennen – geblieben ist bei fast allen das „–tor“ am Ende: Maximator, Animator, Triumphator, Aviator.

Bei sämtlichen -atoren handelt es sich übrigens um Doppelbock-Biere. Und der definiert sich vor allem über seine Stammwürze, nicht über seinen Alkoholgehalt. Wenn die über 18 Prozent liegt, darf das Bier den Namen Starkbier tragen.

Wer keine Analyse-Instrumente dabei hat, kann das im Biergarten testen: Man nehme eine Bierbank und leere einen Starkbier-Krug darauf aus. Setzt sich jetzt ein Bub in Lederhose darauf und bleibt kleben, ist die Stammwürde hoch genug. Sehr pragmatisch.

Und wie wird’s jetzt gemacht? Das erklärt Steffen Marx, Geschäftsführer von Giesinger Bräu, und obwohl sein Starkbier (Achtung, Wortspiel) „Sternhagel“ kein –ator ist, befolgt seine Braukunst immer noch Regeln, die sich über Jahrhunderte bewährt haben. Die AZ-Bilderstrecke zeigt, wie es Schritt für Schritt zum starken Stoff geht.

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