Stammstrecke gesperrt: So lief's am Wochenende
München - Der Zugang zur S-Bahn im Untergeschoss am Rosenheimer Platz ist mit Absperrgittern verstellt. Eine italienische Familie hat Glück – die junge Frau in der orangen Warnweste, die bereit steht, um den Fahrgästen den Weg zum Ersatzbus zu weisen, spricht Italienisch.
Weil gerade wenig los ist, hilft sie auch gleich noch beim Ticketkauf. „Die meisten Leute reagieren freundlich“, sagt sie. „Aber die, die nichts von der Stammstreckensperrung mitbekommen haben, fallen aus allen Wolken, dass keine Bahn fährt.“
Oberirdisch, an der Haltestelle für den Ersatzbus, warten etwa 50 Menschen. Im Drei-Minuten-Takt soll der Bus fahren, doch die Wartenden stehen schon länger hier.
Ich muss zum Hauptbahnhof. Die Fahrplanauskunft auf der Internetseite des MVV hat mir zuvor nur zwei Verbindungen mit dem Ersatzbus angezeigt – im Abstand von 25 Minuten.
Als der Bus kommt, sind bereits alle Plätze besetzt. Die Fahrgäste drängen sich trotzdem zwischen den parkenden Autos hindurch und quetschen sich ins Fahrzeug. Sie drängen sich in den Gang und auf die Stufen, viele mit Gepäck. Ein Wunder fast, dass die Tür überhaupt schließt.
An der Ampel dahinter naht zum Glück schon der nächste Bus, angenehm leer. Allerdings ist auch der ein Reisebus. Wer mit Kinderwagen, Rollstuhl oder Rollator unterwegs ist, hat keine Chance, hinein zu kommen. Er muss warten, bis ein MVV-Regionalbus kommt, in den man barrierefrei einsteigen kann.
Wer den Ersatzbus nimmt, braucht Zeit – dafür bekommt er eine kleine Stadtrundfahrt. „Das ist viel schöner als mit der S-Bahn, da sieht man wenigstens was“, sagt eine ältere Dame und schaut hinaus.
Es geht über das Isartor, durchs Tal zum Marienplatz. Die Innenstadt ist brechend voll, am Viktualienmarkt überholen uns Fußgänger. Über den Oberanger und die Sonnenstraße kämpft sich der Bus weiter zum Stachus, über die Elisenstraße in die Arnulfstraße zum Hauptbahnhof. 20 Minuten brauchen wir vom Rosenheimer Platz zum Hauptbahnhof – mit der S-Bahn wären es sieben. An solchen Tagen lernt man, die Bahn zu schätzen, die sonst unten durchrauscht.
Am Hauptbahnhof herrscht Chaos. Die beiden Servicemitarbeiter vor den Absperrungen am Abgang zur S-Bahn sind von Menschen umringt. Vor allem Auswärtige und Touristen stehen verwirrt vor ihnen. „Seit heute früh um sieben rede ich nonstop“, sagt einer, schon etwas heiser. „Die Leute kommen von allen Seiten, gleichzeitig muss man aufpassen, dass niemand einfach an der Absperrung vorbeirennt.“ Tatsächlich versuchen das einige. „Hallo Fräulein, hier ist gesperrt!“, ruft er.
Sein Kollege an der Haltestelle des Ersatzbusses am Hauptbahnhof hat es auch nicht leichter. „Das geht doch nicht, so eine wichtige Verbindung einfach zuzusperren“, schimpft ein Mann an der Haltestelle. „Die Stimmung unter den Fahrgästen ist so fifty-fifty“, sagt der Servicemann. „Manche sind schon sehr erbost.“
Das größte Problem hier: die Bushaltstelle zu finden. „Die Leute warten alle da vorne am Eck“, ruft ihm eine Dame zu, die gerade noch in den Bus springt.
Tatsächlich findet sich im Bahnhof kein Hinweis auf den Standort der Haltstelle. „Ich hoffe, da wird für nächstes Wochenende noch nachgebessert“, sagt der junge Mann.