Stammstrecke: Das 70-Millionen-Loch

Es wurde viel geplant und auch schon gebuddelt. Die zweite Stammstrecke steht jetzt vor dem Aus. So viel kostet die Planung der zweiten Stammstrecke– den Steuerzahler.
von  lj

Es wurde viel geplant und auch schon gebuddelt. Die zweite Stammstrecke steht jetzt vor dem Aus. So viel kostet die Planung der zweiten Stammstrecke– den Steuerzahler.

MÜNCHEN - Jahrelang ist daran herumgeplant worden. Jetzt sieht es so aus, als ob die ganze Arbeit vergeblich gewesen sein könnte. Die zweite Stammstrecke steht vor dem Aus. Weil der Bund sich finanziell nicht ausreichend daran beteiligen will.

Im Herbst soll zwar nochmal heftig verhandelt werden. Doch das Verkehrsministerium ließ schon jetzt vernehmen: Der Bund werde die vom Freistaat erhoffte Summe von rund einer Milliarde Euro für das Zwei-Milliarden-Euro-Projekt nicht beisteuern (AZ berichtete).

Dass die anstehenden Verhandlungen doch noch zu einer Einigung führen, erscheint unwahrscheinlich. Klar ist dagegen jetzt schon: Wenn die Tunnel-Pläne beerdigt werden müssen, ist viel Geld verpulvert worden. Die bisherigen Planungskosten für die zweite Stammstrecke belaufen sich laut Wirtschaftsministerium inzwischen auf 60 bis 70 Millionen Euro. Dafür kam der Freistaat auf – und damit der Steuerzahler.

Deshalb muss ein Rechenspiel gestattet sein: Für dieselbe Investitionssumme hätten mindestens 1600 dringend benötigte Krippenplätze gebaut werden können.
Maria Ritch vom Bund der Steuerzahler sagt dazu: „Wenn riesige Planungskosten entstehen und ein Projekt dann nicht finanziert werden kann, ist das Geld in den Sand gesetzt worden.” Die Frage sei, ob es feste Zusagen des Bundes gegeben habe – oder ob die Finanzierung in den Sternen stand.

Darüber lässt sich trefflich streiten. Konkrete Zusagen über eine bestimmte Höhe der Beteiligung hatte es freilich nicht gegeben. Allerdings hatte der Bund auch nie dementiert, dass er die erhofften 60 Prozent der Projektkosten übernehmen werde. Bis jetzt. Die Zeit drängt: Die Finanzierung soll nach dem Bau- und Finanzierungsvertrag zwischen Bahn und Freistaat bis Ende des Jahres gesichert sein. Ein Datum, das kaum einer mehr glauben mag.

CSU-Stadtrat Georg Kronawitter, ohnehin erklärter Gegner der zweiten Röhre, ist von den Nachrichten der vergangenen Tage wenig überrascht worden. Er kommentiert trocken: „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.”

Fürchtet er, dass die Planungskosten in den Sand gesetzt worden sind? „Ich bin kein Tunnelplaner. Aber ich könnte mit vorstellen, dass ein Teil der Erkenntnisse für jedwede Tunnel, die da kommen, von Nutzen sind.” Allerdings rechtfertige diese Hoffnung nicht „den Haufen Geld, der da investiert wurde”.

Kronawitter ist der Überzeugung: Die Funktion einer zweiten Ost-West-Stammstrecke könnte auch durch die Vollendung der U5 bis Pasing erzielt werden. „Die U-Bahn nach Pasing allein löst 90 Prozent der Probleme.” Und sie wäre im Vergleich zur Stammstrecke quasi ein Schnäppchen. CSU-Mann Kronawitter rechnet mit 300 Millionen Euro.

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