Stalker-Prozess: Richter kommen in Beweisnot

Über Monate soll ein 47-Jähriger eine Münchnerin verfolgt und mit Telefonanrufen terrorisiert haben. Doch ihn vor Gericht zu überführen ist sehr schwierig
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Der als Stalker angeklagte Erdogan C. (Hintergrund) im Gerichtssaal
John Schneider Der als Stalker angeklagte Erdogan C. (Hintergrund) im Gerichtssaal

München - Im Prozess gegen einen Stalker wegen Belästigung des Opfers – unter anderem durch mehr als 2400 Anrufe in vier Monaten – könnte das Landgericht in Beweisnot geraten. Die verfolgte Diplomingenieurin und Mitarbeiterin der Technischen Universität (TU) München konnte den 47-jährigen Angeklagten Erdogan C. nicht eindeutig als den Anrufer identifizieren, der nie gesprochen hatte.

„Die Telefonate hörten nach seiner Festnahme schlagartig auf“, sagte die 30 Jahre alte Nebenklägerin am Freitag aus. Auch die Lieder, die er gelegentlich eingespielt habe, deuteten auf den Angeklagten hin.

Der Ingenieur mit Wohnsitz in Kaiserslautern stellte der jungen Frau seit 2005 nach. Er hat deswegen 2008 einen Strafbefehl bekommen und ist 2010 zu 14 Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt worden, ferner erwirkte die 30-Jährige ein Kontaktverbot nach dem Gewaltschutzgesetz, das allerdings Ende 2010 auslief.

Sie habe an eine Verlängerung gedacht, „aber er war ja verurteilt worden“, sagte die Nebenklägerin. Erdogan C.0 wurde Ende März 2011 aus der Haft entlassen. Bald darauf beschlich die 30-Jährige „das Gefühl, er ist wieder da“. Mehrere Male sah sie den Angeklagten vor dem Fenster an ihrem Arbeitsplatz in der TU vorbeiradeln. „Dann gingen die Anrufe los.“ Dass es klingele und sich am Telefon niemand melde, „kommt vor, aber nicht in solcher Frequenz“. Auch habe der Anrufer mitunter Kuss- und Schmatzgeräusche gemacht oder „Lieder eingespielt, deren Texte eindeutig waren“.

Die Telefonate seien ausschließlich auf ihrem Apparat oder Anschlüssen von engen Kollegen eingegangen. Eine Telefonüberwachung der Nebenstellen war technisch nicht möglich. Die Nebenklägerin selbst war schließlich nur noch per Handy erreichbar, „mein Chef war ziemlich sauer“.

Schließlich habe ihr der Angeklagte auch an U-Bahnstationen aufgelauert. Dabei wurde der 47-Jährige am 22. November 2011 von der Polizei aufgegriffen. Laut vorläufigem psychiatrischen Gutachten leidet der Angeklagte an einer Persönlichkeitsstörung. Der Prozess wird am 10. Oktober fortgesetzt.

Sein Opfer ist extrem schreckhaft geworden. Sie schläft immer noch schlecht und schaut sich immer wieder um, ob ihr Erdogan C. nicht wieder irgendwo auflauert. Dabei sitzt der Mann seit zehn Monaten in U-Haft.
Erdogan C. leidet laut Anklage an einer Persönlichkeitsstörung. Seine Schuldeinsicht sei daher erheblich vermindert. Die Ankläger fürchten weitere Straftaten.

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