Städtischen Kliniken droht spätestens 2015 die Insolvenz
München - Der Aufsichtsrat des Stadtklinikums hat der Klinikchefin Elizabeth Harrison am Freitag einstimmig die doppelte Kündigung ausgesprochen – eine fristlose und vorsorglich auch noch eine ordentliche mit sechsmonatiger Kündigungsfrist.
Am Vortag war bekannt geworden, dass Harrison ihr Amt als Geschäftsführerin niederlegt. Gleichzeitig aber blieb sie Angestellte des Klinikums. OB Christian Ude sagte dazu: „Eine deutlichere Form der Arbeitsverweigerung gibt’s ja gar nicht.“ Er wüsste nicht, welcher Kündigungsgrund „knackiger“ sein könne.
Harrison hatte hingeschmissen, nachdem ihr Verhältnis zur Stadtspitze am Tiefpunkt angelangt war. Mit Ude kommunizierte sie nur noch per Anwalts-Post. Darin wehrte sie sich gegen ihre Teilentmachtung: Wie berichtet hatten die drei Geschäftsführer wegen der desolaten Finanzlage des Klinikums einen neu gegründeten Lenkungskreis vor die Nase gesetzt bekommen. Diesen leitet Ude selbst.
Es ist davon auszugehen, dass Harrison mit ihrem Amtsverzicht der Stadt nur zuvor kam, die sich auch bald von ihr trennen wollte. Sie und ihre Mitgeschäftsführer waren offenbar vollkommen zerstritten. Ude berichtet: Harrison habe bei ihm insistiert, dass er den anderen Klinikchefs, Freddy Bergmann (Kaufmännisches) und Hans-Jürgen Hennes (Medizin), Kompetenzen nehme „und ihr ein Alleinentscheidungsrecht gebe“. Hoch gepokert – und verloren.
Wie geht’s jetzt weiter? Hennes und Bergmann haben sich die Arbeit, die jetzt zusätzlich für sie anfällt, gleichberechtigt aufgeteilt. Wobei Bergmann kommissarisch auch die Funktion des Arbeitsdirektors übernimmt.
„Es wird keine Hängepartie geben“, sagt Ude. Die kann sich das Klinikum auch nicht leisten. Wie Kämmerer Ernst Wolowicz darlegte, droht dem Konzern – sofern sich dessen Lage nicht verbessert – im ersten Halbjahr 2015 die Insolvenz. Eine Worst-Case-Prognose geht sogar davon aus, dass Ende 2014 Schluss wäre.
Eine eingeplante Zuschuss-Tranche in Höhe von 60 Millionen Euro, die im Februar fließen sollte, darf die Stadt doch nicht auszahlen. Weil der so genannte Private-Investor-Test „durch die Realität widerlegt wurde“, so Wolowicz. Dieser Test klärt die Frage, ob auch ein Privater noch Geld investieren würde. Jetzt muss er erneut gemacht werden.
Und zwar schnell. Der Kämmerer geht davon aus, dass der Zuschuss im April fließen könnte. Vorher müssen aber unter anderem das neue Sanierungsgutachten und eben ein neuer positiver Test vorliegen.
Wenn’s finanziell noch enger wird, hofft Ude auf Hilfe der Stadtsparkasse. Immerhin wird deren Noch-Chef Harald Strötgen ab Januar im Lenkungskreis sitzen. „Er hat mitgeteilt, dass der Kreditrahmen noch nicht ausgeschöpft ist.“
Die nächsten Wochen stehen auch im Zeichen der Personalsuche. Ein Headhunter soll sich nach einem neuen Arbeitsdirektor umsehen – zugleich wurden Verdi und der Marburger Bund gebeten, sich auf einen Vorschlag zu verständigen.
Außerdem soll ein vierter Posten geschaffen werden: für einen Sanierungs-Geschäftsführer.
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